Ich bin dein Mensch Deutschland 2021 – 104min.

Filmkritik

Der menschliche Makel

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Egal ob davor oder dahinter, Maria Schrader ist auf beiden Seiten der Kamera erfolgreich: Für ihre Rolle in „Aimée & Jaguar“ hat sie auf der Berlinale 1999 einen Silbernen Bären als Beste Schauspielerin erhalten, für die Netflix-Serie „Unorthodox“ wurde sie mit einem Emmy als Beste Regisseurin ausgezeichnet. Nun geht ihre neueste Regiearbeit „Ich bin dein Mensch“ als einer von 15 Wettbewerbsfilmen der Berlinale 2021 ins Rennen um eine der begehrten Bären-Trophäen.

Im Zentrum der Tragikomödie steht die Wissenschaftlerin Alma, die am Pergamonmuseum über antike Keilschriften forscht. Um Fördermittel für ihre Studien zu bekommen, lässt sie sich auf einen ungewöhnlichen Deal ein: sie soll drei Wochen lang mit einem humanoiden Roboter zusammenleben und anschliessend ein Gutachten über ihre gemeinsame Zeit schreiben. Ihr Roboter Tom ist so programmiert, dass er ihr perfekter Partner ist – eigentlich. Denn Alma hat überhaupt keine Lust auf Frühstück am Bett, Schaumbäder im Kerzenschein und sonstige romantische Eskapaden. Sie will das Experiment einfach nur hinter sich bringen. Doch je mehr Zeit sie mit Tom verbringt, desto mehr stellt sie sich die Frage, was Liebe, Glück und Menschlichkeit eigentlich bedeuten.

Roboter faszinieren seit jeher, doch was früher nach Science-Fiction klang, könnte durch die rasante Entwicklung beim Thema künstliche Intelligenz bald Realität sein. Humanoide Roboter, die mit uns den Alltag teilen, sind (zumindest technologisch) keine abwegige Zukunftsmusik mehr.

„Ich bin dein Mensch“ erzählt von dieser nahen Zukunft, in der Roboter in die Gesellschaft eingegliedert werden sollen, auf das Algorithmen und Sehnsüchte miteinander verschmelzen. Mit leisem Humor und unaufgeregter Situationskomik lässt Maria Schrader anfangs Toms faktenbasiertes Romantikverständnis mit Almas abgeklärtem Pragmatismus aneinandergeraten, doch je näher die beiden sich kommen, desto stärker wird das existenzielle Grübeln über das Wesen des Menschen.

Leider macht der Film dafür zu viele Nebenschauplätze auf: ein dementer Vater, ein unerfüllter Kinderwunsch, eine verflossene Liebe, ein beruflicher Misserfolg – hier wird die elementare Eigenschaft der menschlichen Fehlbarkeit in zu vielen Facetten der technischen Präzision entgegengesetzt.

Glücklicherweise gelingt es Schrader dennoch, den philosophischen Pathos mit feiner Poesie zu durchbrechen, z. B. wenn Tom, da er keinen Eigengeruch hat, mitten in einer Herde Rehe steht. Überhaupt erzählt sie die emotionale Annäherung von Mensch und Maschine mit charmanter Leichtigkeit (was auch der stimmigen Chemie zwischen den Hauptdarstellern Dan Stevens und Maren Eggert zu verdanken ist), ohne in den Kitsch einer RomCom zu verfallen. So ist „Ich bin dein Mensch“ trotz seines etwas bemüht ethisch-moralischem Überbaus ein unterhaltsamer Film, der mit seiner Frage, inwieweit digitale Bindungen eigentlich menschliche Kontakte ersetzen können, auch gut zur aktuellen Lage passt.

30.04.2021

3

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Kommentare

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Swisscheese

vor 3 Jahren

Besser als erwartet. Marken Eggert spielt hervorragend


Anchel

vor 3 Jahren

Obwohl ich mir von der Geschichte nicht allzuviel versprochen habe, war ich dennoch überrascht wie der Film aufgebaut und umgesetzt wurde (habe Buch nicht gelesen). Allerdings hätte noch mehr Geschichte reingepackt werden können (warum dieses Experiment überhaupt lanciert wurde, einen Roboter als Partner zu "testen"). Kommt doch die Geschichte durchaus charmant, bisweilen bizarr/komisch (Party, Reaktionen etc.) rüber. Der auf Alma programmierte Tom (Roboter) bietet ihr in der Praxis zu wenig "Reibungsfläche" bzw. Charakter im Sinne von Eigenheit, Natürlichkeit. Trotzdem dass sich Alma nach dem Experiment, einen Roboter als Partnerersatz (anzuschaffen), im Fazit klar dagegen ausspricht, verfällt sie am Ende doch seinen Charme. Zeigt auch ihre Sehnsucht nach Liebe die sie eingangs der Testphase stark dementiert. Das Ende fand ich dennoch gut (unklarer Ausgang trotz "Happy End").Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 3 Jahren


thomasmarkus

vor 3 Jahren

Vielleicht ist der philosophisch-ethische Überbau die Hauptsache im Film, sich die Fragen zu stellen, die die Forscherin gegen Ende im Gutachten formuliert... Und subtil wird eine allzu einfache, klare Antwort unterlaufen, indem die Sympathien nicht einfach klar verteilt werden.


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