Les Magnétiques Frankreich, Deutschland 2021 – 98min.

Filmkritik

Brief an einen rebellischen Bruder

Sven Papaux
Filmkritik: Sven Papaux

Für Nostalgiker kommt Les Magnétiques genau zur rechten Zeit. Eine nostalgische Melodie mit kräftigem Rock und atemberaubendem New Wave, um eine Lerngeschichte zu erzählen, die mit einer sich anbahnenden Romanze verwoben ist.

Mit dem Wahltagende ist auch Giscards Präsidentschaft beendet. Am 10. Mai 1981 hat Mitterrand den Sieg davongetragen. «Ich war voll und ganz für Giscard», erklärt Philippe (Thimothée Robart) seiner zukünftigen Liebe Marianne (Marie Colomb). In einer kleinen französischen Provinzstadt lebt der offenherzige Philippe im Schatten seines älteren Bruders Jérôme, einem biertrinkenden Unruhestifter. Die beiden Brüder haben einen illegalen Radiosender und arbeiten in der Garage des Vaters zusammen. Der jüngere Bruder spürt, dass der Militärdienst droht, ihn nach Deutschland zu schicken. In diesem Feuerwerk der frühen 80er-Jahre erleben die beiden Brüder die letzten Bewegungen einer Welt, die kurz davor steht, zu verbrennen.

In «Les Magnétiques» von Vincent Maël Cardona wirkt die Landschaft heruntergekommen und trostlos. Aber es gibt eine Leidenschaft, die die dunklen Häuser erhellt. Dieses Licht befindet sich im Inneren, erzeugt von angetrunkenen Jugendlichen, die aus der Eckkneipe kommen, um ein Radioprogramm aufzunehmen. Diese überbordende Leidenschaft zum Ausbruch zu bringen, ist eine Hymne an die Freiheit, die von dem virtuosen Philipe orchestriert wird. Am Mikrofon ist Jérôme, der typische Rebell, der sich der väterlichen Autorität widersetzte. Der jüngere Bruder verehrte den älteren, bevor die Dynamik umschlägt. Eine brüderliche Beziehung als Genesis eines Films, der durch seine Vinylplatten und Kassetten geprägt ist, die den Rhythmus des Lebens dieser jungen Männern bestimmen. Doch seine Romanze gerät ins Stocken, als manche in Berlin eingesetzt werden.

In diesem Film breitet sich ein durch Camus beeinflussten Akzent aus und thematisiert eine Generationen, die glaubt, dazu bestimmt zu sein, die Welt neu zu gestalten. In Cardonas Erzählung sind die Jugendliche hin- und hergerissen und wollen ihre Zeiten vollgas erleben. Die Musik im Überfluss, die immersive Inszenierung und diese dämmernde Botschaft über eine Generation, die belogen wurde, ist fester Bestandteil dieses Kunstwerks. Die Leidenschaft ist eine Konstante, die immer ausbricht. Sie ist wie der Wahnsinn, der diesen Film mit seiner klaren Kraft und seiner herzzerreissenden Liebe durchdringt. Thimothée Robart kümmert sich darum, dass wir in seiner filmischen Inszenierung zwischen Stücken wie «Touche pas à mon sexe» oder «Tombeau de mademoiselle» hin und her wandern, bevor Joy Division und die Undertones den Ton angeben. Eine allgegenwärtige Musik, um die Dunkelheit auszutreiben und die Verbindung zu den geliebten Menschen aufrechtzuerhalten.

Philippes Entwicklung kennzeichnet den Film. Sie wird immer intensiver, ebenso wie sein brennender Wunsch, seine geliebte Marianne in die Arme zu schliessen. «Les Magnétiques» ist ein Lernfilm, dessen glühende Liebe sich traut, ein flammendes Delirium durchzusetzen, welches mit einer zerstörerischen Kraft gekoppelt ist.

Übersetzung aus dem Französischen von Sven Papaux durch Alejandro Manjon.

18.07.2022

4

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