Luzzu Malta 2021 – 94min.
Filmkritik
Von grossen und kleinen Fischen
Der hart-arbeitende maltesische Kleinfischer Jesmark (Jesmark Scicluna) kann sich, seine Frau Denise (Michela Farrugia) und sein krankes neugeborenes Kind kaum noch vom Erlös seiner Arbeit ernähren. Der Klimawandel, Restriktionen der EU und ein skrupelloser Schwarzmarkt sorgen dafür, dass Leute wie er kaum mehr einen Platz in der Gesellschaft haben. Jesmark steht vor der qualvollen Entscheidung, die traditionsreiche Arbeit mit seinem farbenfrohen Luzzu Boot, das schon von Generationen von Männern in seiner Familie zur See gefahren wurde, aufzugeben, um für seine Familie sorgen zu können.
«Luzzu» ist nach den kleinen, hölzernen und kunterbunten Fischerbooten benannt, mit denen maltesische Fischer seit Jahrhunderten in See stechen und mit denen sie ihre Familien und Dörfer ernähren. Der Film belegt den Raum zwischen Tradition und Fortschritt, wo von Generationen überlieferte Lebensweisen als altmodisch abgewertet und ausgerottet werden, was den davon betroffenen Menschen eine unsichere Zukunft hinterlässt. «Luzzu» zeigt dieses Problem in einem quasi-Dokumentarfilm Stil auf, wie wir ihn von Chloé Zhaos Filmen wie «Songs My Brothers Taught Me» und bis zu einem gewissen Grad auch «Nomadland» kennen. Regisseur Alex Camilleri, ein Amerikaner von maltesischer Herkunft, ist mit seinem Kameramann Léo Levèvre in die Welt der Fischer von Malta eingetaucht und besetzte die Hauptrollen wie Jesmark mit echten Fischern, nicht Profi-Schauspielern. Jesmark Scicluna ist ein Mann weniger Worte. Sein Leben und Körper ist von der harten körperlichen Arbeit auf hoher See gezeichnet. Wenn wir ihn bei seinen täglichen Arbeit beobachten, wird nichts erklärt, aber die Authentizität dieser Bilder und Jesmarks von der Sonne gegerbtes Gesicht sprechen für sich.
Jesmarks Arbeit als Fischer bringt nicht mehr genug Geld ein, um seine Familie und seinen neugeborenen Sohn, der an Unterernährung leidet, zu unterhalten. Der junge Mann ist vor die Wahl gestellt, mit der Fischerei, eine Arbeit, die er liebt und die ihn mit seinen Ahnen verbindet, weiterzumachen oder sie aufzugeben und das Angebot der EU anzunehmen, die Menschen wie ihm Subventionen anbietet, um mit der Fischerei aufzuhören und sich umschulen zu lassen. Jesmark ist hin- und hergerissen und er fällt in die Falle zwielichtiger Figuren, die in seinem Hafen einen Schwarzmarkt betreiben, der ebenfalls den Lebensunterhalt der maltesischen Bevölkerung gefährdet.
«Luzzu» ist mehr als nur eine Geschichte über einen Fischer. Der Film ist ein Kommentar über den Verlust von Kulturgut, Männer als Versorger, Kritik am Klimawandel und Schwiegermüttern wie Denises Mutter Carmen, die Jesmark spüren lässt, dass er in ihren Augen nicht gut genug für ihre Tochter ist. Schliesslich findet Jesmark, der Mann weniger Worte, seine Stimme und erzählt seinem jungen Sohn, dessen Fussabdrücke in gelber Farbe den Rumpf des Familien-Luzzu zieren, eine Geschichte über seine Familie und deren Boot erzählt und realisiert, dass Tradition und Kultur von Menschen und nicht von Dingen überliefert werden. Wer das nächste Mal in den Ferien am Mittelmeer in einem Strandrestaurant Fisch isst, wird sich sicher an diesen poetischen Film erinnern.
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