Sundown - Geheimnisse in Acapulco Frankreich, Mexiko, Schweden 2021 – 82min.

Filmkritik

Tschüss, altes Leben!

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Auf das knallig-beunruhigende Dystopie-Szenario in «New Order» lässt der mexikanische Autorenfilmer Michel Franco in seiner neuen Regiearbeit «Sundown – Geheimnisse in Acapulco» ein leises, rätselhaftes Porträt eines reichen Unternehmers am Scheideweg folgen.

Sonne, Meer und Luxusresort: Gemeinsam mit der Familie verbringt der wohlhabende Brite Neil Bennett (Tim Roth) seinen Urlaub in Mexiko. Eines Tages trifft jedoch eine erschütternde Nachricht aus der Heimat ein, die einen hektischen Aufbruch nach sich zieht. Am Flughafen angekommen, gibt Neil vor, seinen Pass im Hotel vergessen zu haben, und verspricht, schnellstmöglich nachzureisen. Tatsächlich steigt er allerdings in einer Billigunterkunft in Acapulco ab und lebt fortan in den Tag hinein.

«Sundown» gehört zu der Sorte Film, über die man vorab nur wenig wissen sollte, da der auch für das Drehbuch verantwortliche Franco ein kleines Spiel mit seinem Publikum treibt. Bestimmte Informationen werden bewusst zurückgehalten oder verschleiert. Mit dem Ergebnis, dass sich der Zuschauer zu voreiligen Schlüssen und Urteilen über Neil verleiten lässt.

Eigenwillig, aber seltsam faszinierend sind auch das betont unaufgeregte Erzähltempo und die fehlende Fokussierung der Handlung. Anders als üblich verfolgt der Protagonist gerade kein klares Ziel, lässt sich vielmehr durch den Urlaubsalltag treiben und findet Gefallen daran, endlich einmal seinem alten Leben, seinen beruflichen und familiären Pflichten zu entfliehen. Hauptdarsteller Tim Roth verleiht diesem oft enigmatisch bleibenden Wohlstandsbürger eine grüblerisch-fragile Note und trägt entscheidend dazu bei, dass das sonnendurchflutete Drama seine Grundspannung nicht verliert.

07.06.2022

3.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 2 Jahren

Bind froh um die Bemerkung, "gehört zu den Filmen, über die man möglichst wenig wissen sollte"
- hörte auf zu lesen und ging schauen.
So machte der Film mit mir, was wohl gewollt war: Nahm mich mit in Gedanken- und Phanatsiereise,
verlockte zu Spekulationen und Revisionen...


Swisscheese

vor 2 Jahren

Interessante Sichtweise des Hauptdarstellers


Filmenthusiast

vor 2 Jahren

Bitte mehr solche Filme, abseits von Klischees und Action. Den ganzen Film spekulierte ich über Roths Motiv, und ich versuchte mir vorzustellen, ob ich eines Tages möglicherweise dasselbe tun könnte? Der Schluss dann ein bisschen enttäuschend, drum lass ich ihn einfach weg - diese künstlerische Freiheit nehm ich mir. Jeder darf ein Werk so interpretieren wie er oder sie es möchte. Dabei entstehen nicht selten interessantere Sichtweisen als vom Erschaffer ursprünglich angedacht.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 2 Jahren


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