A Forgotten Man Schweiz, Grossbritannien 2022 – 88min.
Filmkritik
Bauernopfer statt Bundesrat
Laurent Nègre greift den Fall eines Schweizers auf, der während des Zweiten Weltkriegs in Berlin als Botschafter stationiert war und bei seiner Rückkehr in die Heimat politisch in Ungnade fiel. Ein spannender Politthriller um ein unschönes Kapitel der Schweizer Geschichte – mit einem brillanten Michael Neuenschwander in der Hauptrolle.
Mai 1945. Heinrich Zwygart, seit 1938 Schweizer Botschafter in Berlin, kehrt kurz vor dem Fall der Reichshauptstadt in seine Heimat zurück. Er hofft auf Ruhm und einen Bundesratssitz, sieht sich aber bereits im Kreis seiner Familie für seine Willfährigkeit den Nazis gegenüber kritisiert. Als sich dann auch das offizielle Bern von ihm distanziert, bricht für Zwygart eine Welt zusammen. Auch quälen ihn zunehmend geisterhafte Erinnerungen an heikle Deals, die er zur Wahrung der Schweizer Neutralität eingegangen war.
Hans Frölicher hiess der Mann, der 1938-1945 als Botschafter in Berlin dafür sorgte, dass die Schweiz auch in Kriegszeit neutral blieb, bei seiner Rückkehr in die Heimat aber unmittelbar in Ungnade fiel. Thomas Hürlimann hat Frölichers Schicksal in seinem 1991 erschienenen Theaterstück «Der Gesandte» verarbeitet. Der Westschweizer Filmregisseur Laurent Nègre, der bereits in seiner Mockumentary «Confusion» die Schweizer Politik unter die Lupe nahm, hat darauf basierend nun «A Forgotten Man» gedreht.
Er hat seinen Film in Machart und Stil geschickt dem schwarz-weissen Schweizer Film der Nachkriegszeit angepasst, aus Hans Frölicher wird darin Heinrich Zwygart. Das überzeugt vor allem in den geisterhaften Szenen, die auf den versuchten Hitlerattentäter Maurice Bavaud verweisen – geradezu brillant gespielt wird Zwygart von Michael Neuenschwander.
Ein packender Thriller, der anschaulich das sich rasant wandelnde politische Klima und die enormen Anstrengungen schildert, mit der die Schweiz unmittelbar nach dem Krieg die Vergangenheit zu «bewältigen» begann.
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Kommentare
Spannendes Interview mit dem Writer und Regisseur Laurent Nègre im Bunker Landenberg. Nègre hinterfragt die Rolle der Schweiz während des 2. Weltkrieges. Es stellt sich die Frage, was wir heute davon lernen können.
Hier Link zum YouTube-Video:
https://youtu.be/CAqUR8vZ7xg
Sehr gute schauspielerische Leistung, vor allen die des Hauptdarsteller. Nachdenklich machende Umsetzung des Themas, die Schweiz im 2. WELTKRIEG. Die kurze Drehzeit und die gute Vorbereitung haben dem Film gut getan. Die Protagonisten werden so dargestellt, dass es nicht wertend ist. In schwarz/weiss gedreht versetzt es eindrücklich in die Zeit vor dem Farbfilm und dem Hollywood-Action-Genre. Handwerklich topp und sehr zu empfehlen.… Mehr anzeigen
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