Je Suis Noires Schweiz 2022 – 52min.
Filmkritik
Dissonanz und Dekolonisierung im Land der Neutralität
Mit «Je suis Noires» präsentieren Juliana Fanjul und Rachel M'bon einen spannenden Sozialdokumentarfilm.
In der Schweiz ist die Situation von Frauen afrikanischer Herkunft ein Thema, das in der öffentlichen Debatte fast völlig fehlt. Dennoch sind sie hier wie auch anderswo in der westlichen Welt tagtäglich Sexismus und Rassismus ausgesetzt. Juliana Fanjul und Rachel M'bon beschreiben anhand einer Reihe von Porträts schwarzer Schweizer Frauen eine soziale Situation, die von verschiedenen Formen der Unterdrückung geprägt ist.
Der Dokumentarfilm von Fanjul und M'bon begeistert, weil er nicht nur eine bewegende und überzeugende Sammlung von Porträts bietet, sondern auch auf die Zeichen der Kolonialisierung in einem Land hinweist, das gerne glaubt, frei davon zu sein.
Aber auch, weil er, obwohl seine Form manchmal formelhaft ist, durch den Schnitt, seine Klänge und seine Bilder eine Art von stechender Melancholie, eine tiefe Traurigkeit angesichts einer beklagenswerten Situation greifbar macht. Auch die Musik, die dem Film einen Rhythmus verleiht, hat etwas damit zu tun: Die Gitarren, die hier gespielt werden, wagen manchmal Dissonanzen und Akkorde, die weder rund noch steril klingen. Der Film und seine Instrumente laden uns zu «falschen» Tönen ein: zu Handlungen, die über den Rahmen der abgedroschenen schweizerischen Schamhaftigkeit hinausgehen, zu Stellungnahmen und zum Kampf, anstatt zu einer vermeintlichen Neutralität.
Wenn es überhaupt etwas gibt, was man diesem Dokumentarfilm vorwerfen könnte, dann ist es seine Länge: Er scheint tatsächlich zu kurz zu sein. Aber das trifft nur zu, weil die spannenden und entscheidenden Themen, die hier brillant behandelt werden, sicherlich von einer längeren Dauer profitieren würden.
Übersetzung aus dem Französischen durch Maria Engler
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Kommentare
Ausdruckstark und beeindruckend, diese filmische Auseinandersetzung mit den Erfahrungen Schwarzer Frauen in der Schweiz. Mich hat besonders angesprochen, dass hier die Wahrnehmung der Frauen, ihre persönlichen Erlebnisse, im Mittelpunkt der Kritik stehen. Die unterschiedlichen Perspektiven geben Einblick in eine Gesellschaft, in der es weiterhin Potential für Entwicklung und Inklusion gibt. Damit alle, die hier wohnen, sich einbringen und willkommen fühlen.… Mehr anzeigen
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