The Hill Where Lionesses Roar Albanien, Frankreich, Kosovo 2021 – 83min.

Filmkritik

Ziellose Jugend

Filmkritik: Eleo Billet

Mit 21 Jahren ist Luàna Bajrami in ihrem ersten Spielfilm gleichzeitig Drehbuchautorin, Regisseurin, Schauspielerin, Produzentin und Kostümbildnerin. Wenn sich die Filmemacherin von ihren Altersgenossen unterscheidet, dann nicht wegen ihres Alters, sondern wegen ihrer Energie, über benachteiligte junge Frauen im dürren Kosovo zu erzählen.

Die Regisseurin greift mit «The Hill Where Lionesses Roar» die tief verwurzelte Genre-Konstruktion in ihrem Heimatland auf und erzählt dabei den Sommer einer zwanzigjährigen Mädchengruppe. Ihr Werk steht in der Tradition der frühen Filme von Catherine Hardwicke oder Céline Sciamma - für die Luàna Bajrami übrigens auch gespielt hat. Die Regisseurin beschreibt ihre Protagonisten aus einer kritischen Perspektive, die fast frei von der üblichen «male gaze» ist, abgesehen von einigen ungeschickten voyeuristischen Szenen. In diesem kleinen kosovarischen Dorf, in dem Jeta, Qe und Li leben, sind die feministischen Impulse noch in den Kinderschuhen, denn die Trostlosigkeit und die engstirnige Mentalität beherrschen den Alltag.

Obwohl der erste Teil des Filmes etwas schleppend ist, erscheinen dem Publikum die Gespräche im Gras, beim Essen in einem verlassenen Haus oder beim Spielen in einem leeren Swimmingpool immer sehr realitätsgetreu. Die Mädchen bleiben eingefrorene Figuren, die auf eine Entscheidung der hohen Institutionen des Landes warten. Die Erzählung macht einige Abweichungen, indem sie anderen Figuren folgt. So wird diese kleine, aussichtslose Welt zum Leben erweckt. Es gibt viele Gründe, dieses Umfeld zu verlassen aber es gibt genauso viele Gründe, um da zu bleiben.

Diese Dilemma spiegelt sich auch in der Zusammensetzung der Gruppe wider, die versucht, ein viertes Mädchen zu integrieren, bevor sie Lis Partnerin Zem (Andi Bajgora) aufnimmt. Die Angst, als Erwachsene nicht dazuzugehören, lässt diese Post-Adoleszenten ihren Verstand beiseite schieben und ihren Körper in ansteckend emotionalen Tänzen und Umarmungen zum Ausdruck bringen. Das Thema der Natur ist in diesem Stück am erfolgreichsten. Die Haupthandlung findet zwischen dem Hügel, der als Mittelpunkt des Trios dient, und dem Wasser, wo sie die erste Erfahrung mit Liebe machen, statt.

Aufgrund seines atypischen Schauplatzes für einen Film, der sich in seinem zweiten Teil mit Einbrüchen sexistischer und sexueller Gewalt befasst, erweist sich The Hill Where Lionesses Roar als eine bittere Gesellschaftskritik. Es stellt vielmehr als die Langeweile von Jugendlichen aus der Mittelschicht dar. Hierbei ist es notwendig, das privilegierte Mädchen Lena (Luàna Bajrami) zu erwähnen. Sie ist eine einsame Pariser Urlauberin, die von der Freundschaft des Trios fasziniert ist und schliesslich nach ihrer Begegnung mit Qe dazu gebracht wird, über ihre Lebensumstände nachzudenken.

Der erste Spielfilm der Regisseurin ist sowohl von der Schönheit seiner Bilder als auch von der Härte des Alltags der Figuren geprägt, welche von grossartigen jungen Talenten dargestellt werden. Der Film offenbart seine Schwächen nur in seinem Drehbuch und seinem ungleichen Rhythmus. Trotz einiger Schwierigkeiten schliessen die letzten Szenen das Ganze mit einem kontrollierten Tonfall ab. Das sind gute Aussichten für eine vielversprechende Karriere von Luàna Bajrami.

Übersetzung aus dem Französischen von Elleo Billet durch Alejandro Manjon.

05.08.2022

3.5

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