The Son Frankreich, Grossbritannien, USA 2022 – 123min.

Filmkritik

Wie der Vater, so der Sohn

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Florian Zellers zweiter Film, nach dem 2020 mit zwei Oscars ausgezeichnetem «The Father», behandelt eine der grössten Ängste aller Eltern: unfähig zu sein, seinem psychisch kranken Kind helfen zu können. Hugh Jackman und Laura Dern sind grossartig in einem Film, der nicht ganz an die Qualität seines Vorgängers anknüpfen kann.

Peters (Hugh Jackman) 17-jähriger Sohn Nicholas (Zen McGrath) hat seit Monaten den Unterricht geschwänzt und ihm droht der Schulverweis. Diesem Verhalten liegen schwerwiegende psychische Probleme zu Grunde und Peters Ex-Frau und Nicholas Mutter (Laura Dern) fürchtet, ihrem schwer deprimierten Sohn nicht helfen zu können. Als Lösung wird ein Umzug zum Vater veranlasst, der mit seiner neuen Ehefrau Beth (Vanessa Kirby) und ihrem Neugeborenen lebt. Peters berufliche Ambitionen lassen ihm aber nur wenig Zeit für Nicholas. Nach einem frustrierenden Besuch bei seinem eigenen, selbstsüchtigen Vater (Anthony Hopkins) beschliesst Peter, sein Leben zu ändern und mehr Zeit mit seiner Familie und speziell mit Nicholas zu verbringen.

Wie schon «The Father» ist auch «The Son» ein sehr persönlicher Film für den französischen Autor und Regisseur Florian Zeller, der in einer Patchwork-Familie mit Kindern aus verschiedenen Beziehungen lebt. Der Film, basierend auf Zellers renommiertem, gleichnamigen Theaterstück, macht bald klar, dass der Titel nicht auf Nicholas basiert, sondern die Ereignisse aus Peters Perspektive betrachtet. Der Mann, der von seiner schwierigen Beziehung mit seinem Vater geprägt wurde, will seine Rolle besser machen, das gelingt ihm aber nicht. Sein Verlangen, die Probleme seines Sohnes lösen zu können, sind von Anfang an zum Scheitern verurteilt und treiben Nicholas nur weiter in seine Depression und weg von seinem Vater.

Florian Zellers herzzerreissender Film liefert keine einfachen Erklärungen für Nicholas Zustand. Vielleicht resultiert er aus der Trennung seiner Eltern und den widersprüchlichen Gefühlen, die er für seinen Vater und seine Mutter hegt, oder er könnte in Peters schwieriger Beziehung mit seinem Vater seinen Ursprung haben. Zeller analysiert die Depression von Nicholas nicht, er präsentiert sie als Fakt, in allen furchterregenden Schattierungen, in denen sie auftaucht. Für Eltern gibt es nichts Schmerzlicheres als ein Kind, das leidet und Peter und Kate sind ratlos, wie sie ihm helfen können. Nur, in unserer heutigen Gesellschaft gibt es unzählige Ressourcen für psychische Probleme und es scheint unwahrscheinlich, dass zwei intelligente, gebildete und wohlhabende Menschen davon nicht schon früher Gebrauch machen und, zum Wohle des Kindes, bessere Entscheidungen treffen würden.

06.02.2023

3.5

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Kommentare

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Franziska

vor einem Jahr

"Du bist ein guter Vater", sagt die frischgebackene Mutter Beth zu ihrem Mann Peter und lügt sich dabei selber in die Tasche. An seinen Sohn Nicholas aus erster Ehe hat Peter nämlich nur wenige Erinnerungen. Als der 17- jährige Nicholas depressiv wird und die Schule schwänzt, sodass dessen Mutter sich keinen Rat mehr weiss, nimmt er ihn bei sich auf, überlässt seinen Sohn aber sich selbst und der (ungeliebten) Stiefmutter. Denn ausgerechnet nun bekommt Peter Aufstiegschancen. Da bildet er sich gerne ein, in der neuen Schule und mit der neuen Familie arrangiere sein Sohn sich bestens. Fatal, dass unser Held seine Hilflosigkeit zwar erkennt, sich trotzdem glaubt als Macher in Szene setzen zu müssen und das Bisschen guten Rat, das er bekommt, in den Wind schlägt. Leider hat schon der Vater als Sohn von seinem Vater bekommen, was er nicht braucht, und ist dieses unpassende Geschenk weder losgeworden noch geht er verantwortlich damit um. Wir erleben einen Film lang mit, wie ohnmächtig und verständnislos (borniert und überfordert) dieser doch so erfolgreiche Mann ist.Mehr anzeigen


Movie_Maniac

vor einem Jahr

Ein sehr ergreifendes Drama, dass das Thema Depression glaubwürdig aufgreift. Hugh Jackman spielt den verzweifelten Vater des psychisch kranken "Andrew" grossartig. Der Film ist insbesondere am Ende ein starkes Auf und Ab der Gefühle und löst sowohl starke Freude, als auch bittere Trauer aus. Ein sehr starker Film, der mitten ins Herz trifft.
8.5/10Mehr anzeigen


as1960

vor einem Jahr

In "The Son" wird die Geschichte des depressiven Sohnes hauptsächlich aus Sicht des verzweifelten Vaters erzählt. Dieser stellt sich in Frage, aber das geschieht alles etwas zäh und fast auch banal. Wenige einfühlsame Momente erhellen den gut gespielten Film. Aber die letzten 20 Min. sind dann sehr hart und schlagen auf's Gemüt.Mehr anzeigen


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