Die Berge Frankreich 2022 – 115min.
Filmkritik
Der Ruf der Natur stärker als alles andere
In seinem zweiten Spielfilm, der wie ein fantastisches Märchen anmutet, teilt der französische Bergsteiger und Regisseur Thomas Salvador auf prägnante Weise seine Leidenschaft für die Berge.
Mitten in der langweiligen Präsentation für einen neuen Roboter verliert sich der Blick von Pierre (Thomas Salvador, vor und hinter der Kamera), als er aus dem Fenster auf einen Berggipfel blickt. Ein Blick, der alles sagt und sofort deutlich macht, dass der Pariser Ingenieur sein Leben ändern wird. Ein wenig wie Romain Duris, der am Ende von «L'Auberge espagnole» vor der Monotonie eines neuen Jobs wegläuft. Einen Anruf (um sich krank zu melden) später kauft der 50-Jährige ein Campingzelt, lässt sich im Schnee unter der Aiguille du Midi nieder und beschliesst, nicht mehr abzusteigen. Das geht so weit, dass er die Chefin des Restaurants am oberen Ende der Seilbahn (Louise Bourgoin) bittet, ihm Proviant aus Chamonix zu bringen. Eines Tages, nach einem Steinschlag, wird Pierre unaufhaltsam von den Felsen angezogen und entdeckt in der Dunkelheit der Risse eine Art leuchtende Kreaturen...
«La montagne» ist der zweite Spielfilm von Thomas Salvador nach «Vincent n'a pas d'écailles». Der Film, der bei den Filmfestspielen von Cannes im Mai 2022 in der «Quinzaine des réalisateurs» ausgezeichnet wurde und beim Festival du film fantastique de Gérardmer im Januar dieses Jahres einen doppelten Ritterschlag (Preis der Jury und Preis der Kritiker) erhielt, wird von der Kritik fast einhellig gelobt. Und das aus gutem Grund. Diese visuell bemerkenswerte Öko-Fabel ist eine wahre Ode an die Natur und den Respekt vor der Umwelt. Der Film entführt das Publikum an attraktive und beängstigende Orte (die Dreharbeiten fanden immerhin in 3800 m Höhe statt, und man ist so vertieft, dass man sich manchmal dabei ertappt, zu frösteln, wenn der Wind stark weht oder die Nacht hereinbricht) und verschmilzt perfekt mit seiner Umgebung.
Bevor Thomas Salvador Regisseur wurde, war er Bergsteiger und Akrobat. Sein Wissen und seine Leidenschaft für die Berge strahlen auf der Leinwand wie etwas Inneres aus. Man denkt unweigerlich an Sean Penns «Into the Wild», zwischen der Diskrepanz zur heutigen normierten Gesellschaft und der Freiheit, die sich der Protagonist nimmt. Und wenn sich die alpine Pilgerreise in ein Fantasy-Märchen verwandelt, ist man nur noch hypnotisierter. Trotz einer verzichtbaren Liebesgeschichte ist «La Montagne» wie sein Titel: klar und still, imposant und geheimnisvoll, fremdartig und strahlend.
Übersetzung aus dem Französischen durch Maria Engler
Dein Film-Rating
Kommentare
Als Buch käme die Geschichte vermutlich besser rüber. Die Romanze wirkte gestellt und mit dem Hauptdarsteller "Mr. Schnarch Schlaftablette" wurde ich - obwohl nicht unsymphatisch - auch nicht richtig warm
Zuletzt geändert vor einem Jahr
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung