Filmkritik
Ein alles andere als sexy Business
Ausgehend von Gesprächen mit drei Frauen, die als Sex-Workerinnen arbeiten oder gearbeitet haben, beleuchtet Carola Mair unterschiedliche Aspekte zum Thema Prostitution. Sie schaut dabei vor allem da genau hin, wo Sex mit Erotik und Liebe nichts mehr gemein hat, sondern ein knallhartes und oft auch entwürdigendes Gewerbe ist, aus dem keine Frau schadlos wieder herauskommt.
Lola wird in Teenagerjahren von Nigeria nach Europa gebracht, wo sie in die Zwangsprostitution gezwungen wird. Bella rutscht als Jugendliche in die Drogensucht und landet auf dem Strassenstrich. Für Michelle ist nach der Scheidung die Arbeit in einem Bordell die einzige Möglichkeit, sich und ihre Kinder finanziell abzusichern. Die Erzählungen der drei Protagonistinnen werden ergänzt durch Aussagen von (Ex-)Freiern, Psycholog:innen, sowie Personen, die sich aktiv für Sexarbeiterinnen engagieren.
Die Erzählungen der drei Protagonistinnen stehen in Carola Mairs Film exemplarisch für die Schicksale fast aller Frauen, die im Sexgewerbe landen. Sie bilden den Hintergrund, vor dem Mair das Thema Prostitution aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Persönliche Erfahrungen wie der frühe Verlust der kindlichen Unschuld, durch sexuelle Gewalt erlittenen Traumata, soziale Stigmatisierungen und die Auswirkungen der Corona-Pandemie aufs Sexgewerbe werden dabei in grössere Zusammenhänge mit Armut, Frauenhandel, Ausbeutung, Abhängigkeiten, Kriminalität und Menschenrechte gestellt.
Das ist in Ansätzen spannend und trotz thematischer Überfülle relativ informativ. Dass Carola Mair ihre Protagonistinnen anonymisiert zeigt, ist nachvollziehbar, zugleich aber auch bedauerlich. Denn es verpasst dem Film eine Nüchternheit, welche die Zuschauer selbst da in die Rolle distanzierter Betrachter drängt, wo das Geschehen auf der Leinwand ein emotionales Mitfühlen eigentlich einfordert.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung