Gefangene des Schicksals Schweiz 2023 – 99min.
Filmkritik
Gefangen in der Entwurzelung
Geflüchtete können ihr Schicksal nicht selbst bestimmen – davon erzählt der Film «Gefangene des Schicksals» des iranisch-schweizerischen Regisseurs Mehdi Sahebi. Eine intensive Dokumentation menschlicher Emotionen zwischen Hoffnung und Zukunftsangst.
In einem Schweizer Asylzentrum kämpft ein Elternpaar um den Familiennachzug ihres Sohnes. Der damals Sechsjährige wurde auf der gemeinsamen Flucht entdeckt und blieb zurück. In derselben Unterbringung erzählt ein 16-jähriger mit leuchtenden Augen von seiner ersten Pfadi-Erfahrung. Doch dann kommen ihm die Tränen, weil er seine Eltern vermisst. Auch ein Kriegsveteran kann diese irgendwann nicht mehr zurückhalten. Seine traumatische Vergangenheit lässt ihn nicht los.
Der Schweizer Regisseur Mehdi Sahebi hat für seinen Dokumentarfilm «Gefangene des Schicksals» mehrere iranische und afghanische Geflüchtete über Jahre hinweg begleitet. Dadurch ist eine ganz besondere Nähe zu seinen Protagonist:innen entstanden. Sahebi flüchtete als 20-Jähriger selbst aus dem Iran in die Schweiz und kann deshalb das zermürbende Warten auf einen Asylentscheid, die innerliche Zerrissenheit, das Heimweh und die Einsamkeit nachvollziehen.
Die Entwurzelung dieser Menschen spiegelt sich auch auf der Bildebene wider. Zwar spielt sich das meiste in den engen Räumen des Asylzentrums ab, doch der Blick schwenkt zuweilen auch aus dem Fenster auf die kahlen Äste der Bäume oder zeigt in Nahaufnahmen die Emotionen der Geflüchteten.
«In der Schweiz sind die Menschen frei und können ihre Kinder friedlich aufziehen. Ich habe nicht ein einziges Jahr meines Lebens in Frieden gelebt», erzählt eine ältere Afghanin. «Gefangene des Schicksals» lehrt uns bescheiden, dankbar und demütig gegenüber unseren Privilegien zu sein. Im besten Fall weckt der Film Verständnis, Empathie und Solidarität.
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