Simple comme Sylvain - The Nature of Love Kanada, Frankreich 2023 – 111min.
Filmkritik
Die verschlungenen Pfade der Liebe
Mit «Simple comme Sylvaine» lief bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes die dritte Regiearbeit von Monia Chokri. Manchmal grausam, manchmal urkomisch, ist der Film etwas weniger gelungen als seine Vorgänger, bestätigt aber dennoch, was man bereits über seine Regisseurin ahnte: Sie ist eine der aufregendsten Filmemacherinnen der Gegenwart.
Sophia (Magalie Lépine Blondeau), Professorin für Philosophie an der Universität, und ihr Ehemann Xavier (Francis-William Rhéaume) sind ein Paradebeispiel für Stabilität und Zärtlichkeit. Doch die Liebe geht bekanntlich ihre eigenen Wege: Als Sophia den Bauarbeiter Sylvain (Pierre-Yves Cardinal) kennenlernt, gerät ihr Gefühlsleben aus den Fugen.
Monia Chokri geht das Wagnis ein, ihren neuesten Film in einem Gebiet anzusiedeln, das vom französischsprachigen Kino bereits gut erschlossen wurde: die Liebesgeschichte. Diese Variation des Themas der Liebe auf den ersten Blick revolutioniert zwar nicht die Erwartungen an dieses Genre, zeigt aber, was die grosse Stärke ihrer Regisseurin ausmacht: ihr doppeltes Geschick für Komik und Rhythmus, das ganz eindeutig an die grossen Zeiten von Woody Allen erinnert.
Das Begehren zwischen Sophia und Sylvain wird zunächst in Form von Leidenschaft, dann als erotische Nähe inszeniert. Die Schnittführung unterstreicht die Glut der ersten Verliebtheit, indem sie sie in einem rasanten Tempo darstellt. Der erste Teil des Films strahlt eine explosive und ansteckende Energie aus, die von der Besetzung durch ein grosszügiges, liebevolles und bewegendes Spiel noch verstärkt wird.
Doch während dieser erste Teil – die Begegnung mit Sylvain – sehr gelungen ist, erweist sich die zweite Hälfte des Films – von der Bekanntmachung ihrer Beziehung bis zu ihrer Trennung – als weit weniger überzeugend. Das liegt daran, dass sich das eigentliche Thema von Chokris Erzählung ändert: Die Behandlung des Begehrens, das Feuer, das die Klassendistanz überwinden kann, wird durch das konventionellere Motiv der Herrschaftsverhältnisse ersetzt. Dieses Thema, das in der Geschichte vorhersehbarer ist, erweist sich auch als visuell weniger inspiriert.
Bedauerlich ist zum Beispiel die Einführung einer zweiteiligen Inszenierung, die darin besteht, das Unbehagen von Sylvia und dann von Sylvain anhand von Szenen zu schildern, in denen sie mit ihrem jeweiligen Umfeld essen. Dieses Verfahren, das bereits in «Blau ist eine warme Farbe» zu sehen war, zeugt zwar von einer grossen schriftstellerischen Präzision, zeigt aber zu stark seine soziologischen Absichten, insbesondere durch die Dialoge, die ständig dazu tendieren, den Unterschied im Kulturkreis zwischen den Liebenden zu betonen. Die Grausamkeit, die der Symbolgewalt eigen ist, ist diskret und heimtückisch, aber ihre Darstellung lässt den neuen Film von Monia Chokri in eine trockenere Richtung kippen. Wir warten dennoch ungeduldig auf die Fortsetzung.
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