Yannick Frankreich 2023 – 67min.
Filmkritik
Die brutale Revolte zwischen den Klappsitzen
Ein Theater, eine Geiselnahme, ein 4:3-Format und eine Stunde Zeit. Die neue Fabel von Quentin Dupieux ist ebenso rasant wie gekonnt aufgebaut.
In einem Pariser Theater wird ein miserables Boulevardstück aufgeführt. Drei Protagonisten, gespielt von Pio Marmaï, Blanche Gardin und Sébastien Chassagne, erwecken mühsam eine Geschichte zum Leben, die sich um einen Betrogenen dreht. Die mittelmässige Aufführung langweilt Yannick (Raphaël Quenard), einen Nachtwächter in einem Parkhaus, der einen ganzen Tag und einen weiten Weg auf sich genommen hat, um zu kommen – er unterbricht das Stück und zieht die Schauspieler zur Rechenschaft. Zunächst wird er vor die Tür gesetzt, kehrt dann aber mit einigen Vorschlägen in den Saal zurück.
Der Unruhestifter Quentin Dupieux ist ein kluger Kopf mit einer spitzen Feder und dreht zwei Filme pro Jahr. 2022 erscheinen «Incroyable mais vrai» und «Fumer fait tousser», beim Filmfestival von Locarno wird «Yannick» im Internationalen Wettbewerb gezeigt, während der Filmemacher bereits an «Daaaaaaali!» arbeitet, einem neuen Film, der ebenfalls für 2023 geplant ist. Wie immer surreal, einzigartig und bitterböse, gibt es viele Möglichkeiten, sich der Figur von Yannick zu nähern. Der von Raphaël Quenard hervorragend verkörperte Yannick ist eine Satire über Unterhaltung, eine Kritik an der bürgerlichen Kunst, am Autorenkino, am kritischen Geist und eine Hommage an die einzigartige Anmut der Ausgestossenen. Während dieser bescheidene Parkwächter das Theater als Geisel nimmt, wird «Yannick» auch zu einer etwas ironischen und regelrecht doppelbödigen Metapher für die dunklen Kinosäle und ihre Insider.
Pio Marmaï, Blanche Gardin und Sébastien Chassagne sowie das Publikum in diesem samtroten Theater verkörpern in dieser Farce voller Bedeutung und Poesie das Gewohnte. Wehe dem, der es wagt, die Kunst zu unterbrechen oder sie darum bittet, ein wenig anspruchsvoll zu sein. Wer ist der Mann mit dem grauen Polyesterpullover und den tiefliegenden Augen, der das Wort ergreift? Yannick hat zwar eine Pistole in der Hand, muss aber um die Kontrolle ringen. Der Abend im Theater sollte ihn unterhalten und bewirkt genau das Gegenteil. Ein Drehbuch, das wie aus der Pistole geschossen kommt, wird ebenso hektisch ausgeführt. Yannick durchbricht die symbolische Grenze zwischen Bühne und Zuschauerraum. Hier sind diese beiden Welten nun vereint. Quentin Dupieux' neueste Fantasie wird zu diesem ungewöhnlichen, berührenden, zerstörerischen und perfekt lustvollen Film.
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