My Favourite Cake Frankreich, Deutschland, Iran, Schweden 2024 – 97min.

Filmkritik

Spätes Glück im Land der Mullahs

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha verbinden in ihrer bittersüssen Tragikomödie, die bei der heurigen Berlinale mehrfach ausgezeichnet wurde, die Geschichte einer iranischen Witwe, die sich nach einem Mann sehnt, mit regimekritischen Spitzen.

Die 70-jährige Mahin (Lily Farhadpour) ist seit 30 Jahren Witwe und führt ein monotones Leben. Ein Nachmittag mit Freundinnen weckt aber ihr Interesse nach einer Beziehung. Tatsächlich findet sie im ebenfalls alleinstehenden Taxifahrer Faramarz (Esmail Mehrabi) schliesslich einen Mann, der ihr gefällt. Sie lässt sich von ihm nach Hause fahren und langsam kommen sich die beiden einsamen Seelen näher. Doch im Land, in dem die Beziehung einer Witwe zu einem Mann als unschicklich gilt, müssen sie auf der Hut vor der neugierigen Nachbarin sein.

Ganz auf das Alltägliche konzentriert sich das vom iranischen Staat mit Reiseverbot belegte Regieduo Maryam Moghaddam und Behtash Saneeha («The Ballad of a White Cow»). Sie erzählen zurückhaltend, benötigen keine spektakulären Kulissen und verzichten bis kurz vor Ende auch auf Filmmusik. In statischen Einstellungen fangen sie das monotone Leben Mahins ein, bis sie die Witwe langsam auftauen lassen.

In die private Geschichte mischt sich dabei explizite Regimekritik, wenn Mahin der Zeit vor der Revolution nachtrauert oder wenn sie in einem Park gegen die Sittenpolizei einschreitet, als diese eine junge Frau wegen ihres schlecht sitzenden Hijabs abführen will.

Eher märchenhaft als realistisch ist zwar, wie rasch und bruchlos sich Mahin und Faramarz näherkommen. Dennoch ist es dank des warmherzigen Blicks des Regieduos und des grossartigen Spiels der beiden Hauptdarstellenden Lily Farhadpour und Esmail Mehrabi beglückend zuzusehen, wie sie harmonieren, in Mahins Wohnung zunehmend lockerer werden und beim Trinken von Wein – auch das eine regimekritische Spitze - aufblühen.

22.10.2024

4.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 8 Tagen

Vielleicht nur so erzählbar, dass es nicht soweit gekommen ist.
Auch das eine regimekritische Spitze? So weit ist es (herunter) gekommen...


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