CH.FILM

Die wundersame Verwandlung der Arbeiterklasse in Ausländer Schweiz 2024 – 126min.

Filmkritik

Die Angst vor dem Fremden

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Mit seinem Dokumentarfilm wirft Filmemacher Samir die These auf, dass die Arbeitsmigration in der Nachkriegszeit die Schweizer Arbeiterklasse verdrängt habe. Er zeigt jedoch eindrücklich, dass der Aufschwung der Schweizer Wirtschaft in der Nachkriegszeit auf dem Rücken von ausländischen Gastarbeitern erreicht wurde.

Der Filmemacher Samir untersucht in seinem neuen Dokumentarfilm die Rolle der Gastarbeiter:innen, die in die Schweiz der Nachkriegszeit gerufen wurden, um oft im Bau- und Gastgewerbe Arbeiten zu verrichten, die Schweizer:innen nicht mehr machen wollten. Meist durften die Betroffenen aber ihre Familien nicht mitbringen und mussten unter menschenunwürdigen Verhältnissen und für miserable Löhne arbeiten. Ein Bericht über ein Stück schwieriger Schweizer Vergangenheit, erzählt auf Italienisch.

Samirs Dokumentarfilm verblüfft mit der Vielfalt des Materials und der Menge der filmischen Dokumente, die dafür gesammelt wurden. Als Zuschauer:in schwankt man ständig zwischen Gefühlen wohliger Nostalgie, die durch Ausschnitte aus Filmen wie «Bäckerei Zürrer» oder «Die Schweizermacher» hervorgerufen werden, und solchen der Abscheu, wenn z.B. erwachsene Kinder von Arbeitsmigranten über das Trauma berichten, das ihnen durch das Verlassenwerden von ihren Eltern zugefügt wurde oder wenn sie als Schrankkinder ein Leben, gefangen in den eigenen vier Wänden, führen mussten.

Der Regisseur lässt seine eigenen Erfahrungen als Kind einer Schweizer Mutter und eines irakischen Vaters einfliessen. Er rekreiert diese mithilfe von Motion-Capture Animation, an der schon Regisseure mit grösseren Budgets wie Robert Zemeckis («Der Polarexpress») gescheitert sind, in amateurhaft wirkenden Szenen. Der Film bringt jedoch das Thema der Arbeitsmigration schliesslich auch in die Gegenwart, spricht über den Einfluss von Secondos auf die Schweizer Kultur und warnt davor, unsere Angst vor fremden Kulturen noch heute von politischer Propaganda missbrauchen zu lassen.

02.09.2024

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