The Outrun Deutschland, Spanien, Grossbritannien 2024 – 117min.

Filmkritik

Saoirse Ronan, Mythologie und Abstinenz

Théo Metais
Filmkritik: Théo Metais

Vor der Kamera der deutschen Regisseurin Nora Fingscheidt muss sich Saoirse Ronan mit einer Sucht auseinandersetzen, die sie verfolgt. Eine drastische, aber gleichzeitig unglaublich zärtliche Regiearbeit.

Nach ihrem Masterabschluss in Biologie in London hat sich die 29-jährige Rona (Saoirse Ronan) dem Nachtleben und dem Alkohol verschrieben. Eine Sucht, die sie seither viel gekostet hat und die sie nun endlich überwinden will. Nach einem Jahrzehnt in der Ferne kehrt sie auf die Farm ihrer Eltern auf den Orkney-Inseln zurück. Doch die Rückkehr nach Hause ist nicht einfach.

«The Outrun», der bei seiner Vorstellung am Sundance Festival in den USA zum Publikumsliebling wurde, feiert nun auf der Berlinale seine Europapremiere. Mit der Adaption der gleichnamigen Memoiren der Journalistin Amy Liptrot und der Zusammenarbeit mit Saoirse Ronan (die auch als Produzentin fungiert) hat die deutsche Filmemacherin Nora Fingscheidt ein grosses Projekt übernommen. Nach dem Erfolg von «Systemsprenger» und ihrem Netflix-Auftritt mit Sandra Bullock in «The Unforgivable» setzt die Regisseurin erneut eine explosive Figur in den Mittelpunkt. Und das Wagnis, so riskant es auch sein mag, zahlt sich aus.

Der Legende nach ist die Inselgruppe der Orkneys die Spitze des Schwanzes eines Drachen, der so gross wie die Welt ist. Eingebettet in die Folklore dieser schottischen Region, nimmt «The Outrun» die Form einer intimen und mystischen Erzählung an. Getragen von Saoirse Ronans eindringlichem (und drastischem) Schauspiel, wird die Inszenierung zu einem Spiegel des schmerzhaften inneren Verlangens. «The Outrun» ist ein rauer Film, in dem Rona sich mit Selbsthilfegruppen und dem mühsamen Zählen ihrer Abstinenztage auseinandersetzt.

Im Zentrum dieses Erlösungsepos steht Nora Fingscheidt, die sich in einer dramatisch-direkten Regie dem Alkoholismus und dem Thema der seelischen Verletzungen und ihrer Übertragung zwischen den Generationen nähert. Mit einem Hauch von magischem Realismus nimmt der Film auch eine meditative und kontemplative Form an, als wollte er den langsamen Verfall seiner Protagonistin lindern. Im Angesicht der Leere, der Isolation und der Wankelmütigkeit ihrer Eltern fällt die Entwicklung von Saoirse Ronans Charakter poetisch und organisch aus. Und trotz einiger Konventionen, die für die Verfilmung von Memoiren typisch sind, kann «The Outrun» überzeugen.

19.11.2024

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