Suna no onna Japan 1964 – 147min.

Pressetext

Suna no onna

"Eines Tages im August verschwand ein Mann. Er war mit der Bahn zu einem Ausflug an die Küste aufgebrochen, kaum eine halbe Tagesreise entfernt, und seitdem fehlt jede Spur von ihm." Die Textpassage stammt aus dem Roman "Die Frau in den Dünen" des Japaners Kobo Abe. Das Buch wurde 1964 von Hiroshi Teshigahara kongenial verfilmt, ein in jeder Beziehung radikaler Film, der nichts von seiner Kraft eingebüsst hat, im Gegenteil: Der Filmemacher Hiroshi Teshigahara führt uns vor Aug und Ohr, welches Erzählpotenzial in der Filmkunst steckt.

Im Roman lesen wir: "Ein Windstoss blies ihm das kleine Tuch vom Gesicht. Aus den Augenwinkeln sah er golden die Linien der Dünen glänzen. Ein sanft ansteigender Hang löste sich aus dem Gold und versank schnell in der Dunkelheit. In dieser Raumaufteilung lag eine seltsame Spannung, und er zitterte vor einer ihm selber unbegreiflichen Sehnsucht nach Menschen." Der Käfersammler aus Tokyo hat den letzten Bus zurück in die Stadt verpasst und wurde in die Hütte einer Frau gelockt, die unten in den Dünen wohnt. Er soll ihr helfen in ihrem alltäglichen Kampf gegen Sandmassen. Mit der Frau in den Dünen eingeschlossen fügt er sich langsam seinem Schicksal und nimmt die in der Hitze anstrengende Sisyphus-Arbeit auf. Sie ist ein Sinnbild für viele unserer ganz alltäglichen Beschäftigungen.

The Woman in the Dunes ist einer jener Filme, die man so schnell nicht mehr vergisst. Die Beziehung mit der Frau und die Entdeckung einer Möglichkeit, Leben spendendes Wasser zu gewinnen, selbst in dieser Wüste, werden für den Mann wichtiger als das Wiedererlangen seiner vermeintlichen Freiheit. Zwischen den beiden entwickelt sich eine knisternde Spannung, die Hiroshi Teshigahara in hypnotisierenden Bildern und Montagen vermittelt. Grandios, wie er die Erzählung aus sich heraus aufbricht, die Umgebung einbe-zieht und Landschaftselemente wie Figuren gleichermassen erotisiert, alles fliessen lässt, selbst den Sand. Während sich das Paar aus der ringenden Berührung heraus näherkommt und in einem sandigen Rausch vereint, sehen wir auch, wie selbst ihre Poren sich weiten. Davor gerieten im Waschen des anderen Körpers schon die perlenden Tropfen auf der Haut zu Anziehungspunkten, die den Puls stocken lassen. Oft genügt Teshigahara die Andeutung einer Geste oder der präzise Bildausschnitt, um eine Ahnung von der Begierde zu vermitteln, der Anziehungskraft.

Die Schwarzweissfotografie von Hiroshi Segawa gehört zum Grossartigsten, was wir im Kino je zu sehen bekamen: Sand, Dünen, Krabbeltiere, der menschliche Körper, fragmentiert, aufgebrochen, neu zusammengefügt in dieser Komposition, die Bild und Musik als gleichwertige Erzählelemente behandelt. Details bis in den makroskopischen Bereich hinein erzählen von einer Passion. Die fiebrigen Umarmungen, die Hingabe, der Kampf, der fliessende Sand, die Ausweglosigkeit, die Trance: Unmöglich, dass man beim Betrachten dieses Films nicht Sandkörner zwischen den Lippen spürt und Durst bekommt. Durst nach etwas Flüssigem, Durst aber auch nach mehr Filmen, die uns übers Auge so in ihren Bann ziehen und nicht mehr loslassen.

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Kommentare

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shenendoah

vor 18 Jahren

Etwas zu lang, aber absolut sehenswert. Ein Film über Ängste, Einsamkeit und die Sehnsuch nach einem Zusammensein mit einem Mann.


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