John Carpenters Vampires USA 1998 – 90min.

Filmkritik

John Carpenters Blutsauger

Benedikt Eppenberger
Filmkritik: Benedikt Eppenberger

Mehrere Horrorfilme zeigt das Kino Xenix in Zürich anlässlich einer Retro mit Filmen von John Carpenter. Den Auftakt macht "Vampires", sein letzter Ausflug ins geliebte Metzelgenre, wo sich im staubigen mexikanischen Niemandsland Blutsauger und die Abgesandten des Papstes gegenüberstehen.

Es macht schon Sinn, einer Retrospektive mit Filmen des Grand Old Man des 80er-Jahre-Horrorfilms, die Deutschschweizer Erstaufführung von "Vampires", seinem letzten Opus, voranzustellen. Wie in keinem der Reihe vorhergegangener "letzter" Filme (The Invisible Man, The Mouth of Madness, Escape from L.A. etc.), findet John Carpenter nämlich in "Vampires" endlich wieder einmal zu jener Form zurück, die ihn einst mit Assault, Halloween, The Fog oder The Thing zu einem der einflussreichsten amerikanischen Low-Budget-Regisseure machte.

"Vampires" ist ein altmodisches Stück Kino. Wo heute die Jagd nach untoten Blutsaugern zum Traumjob für modebewusste Teenager - Buffy, the Vampire-Slayer, Blade- oder aber für smarte Pulp-Desperados wie "George Clooney" im Tarantino/Rodriguez-Vehikel From Dusk Till Dawn mutiert ist, müht sich in "Vampires" ein Haufen alter Machos ab, ihr blutiges Handwerk auch in grösster Bedrängnis noch als Prolo-Maloche zu verstehen: schmutzig, aber jemand muss es ja tun. Es ist dann auch diese grandlinige Ernsthaftigkeit mit der John Carpenter seine Jäger ausstattet, die den Film über den allgemein ironischen Zeitgeist hebt. Vampire schlachten kann ich am besten, dafür bin ich angestellt, dafür kassiere ich Geld, dafür komm ich in den Himmel, das gibt meinem Leben Sinn - so etwa das Motto, das Jack Crow (James Woods), zusammen mit seiner Crew durch den amerikanischen Mittelwesten ziehen lässt. Wie weiland Kapitän Ahab kommen bei Crow aber noch persönliche Gründe und von Vampiren zugefügtes Leid dazu, die den Profi zu einem besonders gnadenlosen Krieger gegen die "Kinder der Nacht" machen. Und wie sein holzbeiniger Vorgänger zur See, jagt auch er seinen weissen Wal - hier in der Person des Ur-Vampirs Valek (Thomas Ian Griffith) - bis ans Ende der Welt.

Die berserkerhafte Intensität mit der James Woods den Vampirkiller mimt, erinnert an John Waynes einsamen Indianerschlächter in John Fords The Searchers (1956), während der rauhe Witz, mit der der Jagt-Verein zusammengehalten wird, direkt auf Howard Hawks' Hatari (1962) zielt. Die Verbeugung vor diesen beiden Klassikern will nun, quer durchs Film-Ouevre Carpenters, mehr sein als allein augenzwinkernde Zitierlust. Versucht hat der wehmütige New Yorker damit die Rekonstruktion eines nicht gerade zeitgemässen Männerbildes, wo Opferbereitschaft und das Vertrauen in Freundschaften die Unfähigkeit, die "richtige" Frau lieben zu können, mehr als kompensieren.

Die ironische Distanzierung vom gewalttätigen Handwerk, das der Herrenclub im Auftrag des Vatikans (!) durchzieht, ist deshalb auch schwieriger, als im vergleichbaren From Dusk Till Dawn, weil dort die Blutorgie schliesslich in einem Cartoon-Spektakel endet, das zu keiner Sekunde irgendwie erstgenommen werden will, während in "Vampires" Jäger und Gejagte ihre Schlachtplatte mit fast schon religiöser Inbrunst anrichten.

Bereits die dumpfe Gewalttätigkeit des ersten, mit grösstem Professionalismus durchgeführten Vampir-Raids - Jack Crows Gruppe harpuniert (!) die Nachtgänger und schleppt sie aus ihren dunklen Verstecken ans vernichtende Sonnenlicht - rührt seltsam an. Nachdem dann eine Gegenattacke des Oberblutsaugers Valek das Jagd-Team fast total ausgelöscht hat, ist es der Profi Crow, der das Unternehmen im kontrollierten Wahn weiter und ans (vorläufige) Ziel führt. Die grobe Natur des Vampir-Jägers lässt auch in der ausweglosesten Situation offenbar keine Zweifel zu: töten, töten, töten beibt das Gebot. Die Furcht vor seinen unkontrollierbaren Trieben ist es, die Crow einen Gefühlspanzer umhängen lässt, und es ist diese Angst vor dem Chaos, die ihn für die Kirche zum prädestinierten Feger mit dem eisernen Besen macht.

Etwas Restliebe für die (gefallene) Kreatur scheint dann am Ende doch noch auf. Statt ihn abzumurksen, gibt Crow seinem gewesenen Assistenten Tony Montoya (gespielt vom fetten Bruder Alec Baldwins, Daniel Baldwin) einen angemessen Vorsprung, damit er, der wähernd der Jagd von Vampiren gebissenen wurde, sich zusammen mit seiner gleichfalls infizierten Nachtschatten-Braut Katrina (Sheryl Lee) nach Mexiko absetzten kann. Crow lässt allerdings keinen Zweifel daran aufkommen, dass er ihn schliesslich doch kriegen wird, ist er doch der "Beste", den die Kirche je hatte.

18.03.2011

4

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