Filmkritik
Kriegsberichterstattung vom Footballfeld
Wer interessiert sich in der Schweiz schon für American Football? Sicher kein Massenpublikum. Um sich aber für Oliver Stone's Sportepos zu begeistern, muss man nur folgende Regeln kennen: Man kann gewinnen und verlieren; eine Mannschaft will mit dem Ball in diese Richtung, die andere in die entgegengesetzte. Den Rest erledigt die hochkarätige Besetzung und eine fulminante Bildersprache.
Oliver Stone will von Anfang an eines klar machen: American Football ist kein harmloses Sonntagsvergnügen, sondern Krieg. Jedes Wochenende wird auf dem Spielfeld über den Aufstieg oder Untergang menschlicher Existenzen entschieden, und die Mittel sind nicht immer fair. Der alternde Coach Tony D'Amato (Al Pacino) trainiert die Miami Sharks, eine Mannschaft, die den Zenith ihrer Leistungen längst überschritten hat. Zu allem Unglück wird auch noch sein wichtigster Spieler, der Quarterback Jack «Cap» Rooney (Dennis Quaid) im Nahkampf niedergewalzt und verletzt. Im Nacken sitzt D'Amato seine Nichte Christina Pagniacci (Cameron Diaz), die Besitzerin des Clubs. Sie ist eine toughe junge Businessfrau, für die Tonys Verdienste nur zählen, solange die Finanzen stimmen.D'Amato ist ein Trainer alter Schule, der nichts weiter will, als seine Mannschaft mit Anstand zu trainieren. Die Zeiten haben sich jedoch geändert, und Tony wird überrollt von der Macht des Geldes und der Massenmedien, für die das Spiel nur noch Geschäft bedeutet. Durch den Ausfall des Quarterbacks bekommt der junge Ersatzspieler Willie Beamen (Jamie Foxx) endlich seine grosse Chance. Obwohl er sich vor jedem Spiel vor Nervosität übergeben muss, entwickelt Beamen eine eigenwillige, aber erfolgreiche Spielweise. Mit seiner rebellischen Haltung durchbricht er den festen Kodex von ausgetüftelten Spielzügen und abgesprochenen Abläufen. Zwar wird der Quarterback in Windeseile zum Medienliebling, doch sein Egoismus gefährdet den Teamgeist. D'Amato sieht seine Mannschaft auseinanderbrechen.
Oliver Stone, der es ansonsten versteht, die Grundwerte der amerikanischen Gesellschaft gezielt zu torpedieren, gibt sich in seinem neusten Werk erstaunlich zurückhaltend. Seine Geschichte benutzt den Sport als Kristallisationspunkt, wo sich die Schicksale seiner Figuren konzentrieren. Letzten Endes geht es aber nicht um Football, sondern um Ehrgeiz, Macht und Menschlichkeit. Al Pacino liefert eine routinierte Glanzleistung. Nach wie vor hat er die unbezahlbare Gabe, die Höhen und Tiefen eines Gefühlslebens darzustellen, ohne dabei pathetisch zu wirken. Auch Cameron Diaz überzeugt als Clubbesitzerin, die sich in einer harten Welt energisch durchsetzen muss, aber heimlich mit unterdrückten Gefühlen kämpft. Etwas deplatziert wirkt einzig Dennis Quaid als alternder Quarterback. Neben all seinen Mitstreitern im Wandschrankformat wirkt er schlicht zu schmächtig und harmlos, um glaubwürdig zu sein.
"Any Given Sunday" überschwemmt den Zuschauer mit einer Flut von optischen Reizen. Stone setzt auf eine Collagetechnik, die viele kleine filmische Schnipsel zu einem grossen, detaillierten Bild zusammensetzt. Er simuliert Sportübertragungen und Live-Reportagen, geht hautnah ans Geschehen und distanziert sich wieder, vermischt Haupthandlung und Seitenblicke zu einem brodelnden Gemisch. Die Kamera begibt sich auf dem Spielfeld mitten ins Schlachtengetümmel und lässt massige Körper in Zeitlupe aufeinanderkrachen. In Stones Perspektive werden die Footballspieler zu mächtigen Gladiatoren, zu mittelalterlich anmutenden Kriegern, denen nur noch die Hörner auf den Helmen fehlen. Die Hektik und Gewalt des Spiels wird in ein bombastisches Bilderfeuerwerk übersetzt. Und vollständig lässt es sich Oliver Stone doch nicht nehmen, zu provozieren. Herausgerissene Augen, die ästhetisch platziert auf dem Spielfeld liegen oder männliche Full Frontal Nudity gehören zu den hübschen Nebensächlichkeiten, die den Film angenehm aus dem amerikanischen Einheitsbrei herausheben.
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Kommentare
stark aber nicht mein ding... sehr lang und geit mir irgendwann auf die nerven
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