Eve und der letzte Gentleman USA 1999 – 104min.

Filmkritik

Ein Kaspar Hauser der Liebe: «Looking For Eve»

Thomas Hunziker
Filmkritik: Thomas Hunziker

Kann eine hübsche Frau heutzutage noch einen vertrauenswürdigen Mann finden? Und wie kommt ein wohlerzogener Junge aus den Sixties in der gnadenlosen Welt der 90er-Jahre zurecht? Zwei Fragen, die sich gut zu einer unterhaltsamen, harmlosen Liebeskomödie verknüpfen lassen. Schon in "The First Wives Club" hatte sich Regisseur Hugh Wilson mit den Gegenwartsproblemen von aus der Mode Gekommenen beschäftigt. Mit Christopher Walken, Sissy Spacek, Brendan Fraser und Alicia Silverstone stand ihm erneut ein Star-Ensemble zur Verfügung.

1962 wird die amerikanische Bevölkerung durch russische Kriegsschiffe vor Kuba in Angst und Schrecken versetzt. Verständlich, dass sich einige übereifrige Patrioten dazu hinreissen lassen, ihren eigenen atomsicheren Bunker zu bauen. Calvin (Christopher Walken), Professor und Bastel-Genie, tut es jedenfalls, und als auf seinem Haus ein Flugzeug abstürzt, fühlt er sich in seinen schlimmsten Ahnungen bestätigt. Er verschanzt sich mit seiner Frau (Sissy Spacek) bis auf weiteres im Erdboden. Dort wird sein Sohn Adam (Brendan Fraser) geboren. Dem Heranwachsenden bringt der Vater die feinen Umgangsformen der Oberwelt bei. Erst nach 35 Jahren wird das Verliess geöffnet, und der wohlerzogene Junge wird losgeschickt, die Reserven zu erneuern. So darf Adam zum ersten Mal in seinem Leben den Himmel über Los Angeles sehen und alles was sich darunter tummelt. Schon bald begegnet er seiner Eve (Alicia Silverstone aus Clueless), die nicht genau weiss, wie sie sich gegenüber dem naiven Gentleman verhalten soll. Bei "Swing Dancing" und Inline-Skating kommen sich die beiden aber rasch näher.

Wieder einmal eine neue Variante der Zeitreise. Brendan Fraser durfte bereits in Encino Man einen verspätet aufgetauten Zeitgenossen mimen. In Looking For Eve (a.k.a. Blast from the Past) fällt er nun aber nicht durch unverständliches Grunzen auf, sondern im Gegenteil gerade durch seine ausgezeichneten Manieren. Durch die Einfrierung in den frühen sechziger Jahren behielt das Bunkerkind die Unschuld, die Amerika in den Jahrzehnten von Vietnamkrieg, sexueller Revolution und Watergate für immer verlor. Einziges verbindendes Element der 35 Jahre auseinander liegenden Epochen bildet die Begeisterung für Swing. Die Tanzstunden mit dem Vater zahlen sich für Adam bald einmal aus. Doch seine guten Manieren helfen ihm in den flegelhaften Neunzigerjahren wenig weiter. Dass Dating alles andere als einfach ist, ist bekannt, doch mit welchen Problemen Alicia Silverstone in ihrem lieblosen Alltag zu kämpfen hat, gibt schon einiges zu denken.

Einiges origineller als die Romanze zwischen Adam und Eva inszeniert Regisseur Hugh Wilson das unterirdische Heim der Familie. Liebevoll registriert die Kamera die Details der atomsicheren Zweitwohnung und des Familienlebens unter den ungewöhnlichen Bedingungen einer Isolation, die der Mutter nach und nach den Verstand raubt. Auch an der Erdoberfläche reicht es noch für einige unterhaltsame Beobachtungen, doch irgendwann verliert sich die Geschichte in den Hindernissen, die das Genre dem Liebespaar in den Weg legen muss. Erwähnenswert wäre noch der Soundtrack, der neben Swing von den Cherry Poppin' Daddies und den Squirrel Nut Zippers auch Stücke von R.E.M., Everclear und Dishwalla enthält.

17.02.2021

2

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Kommentare

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Barbarum

vor 9 Jahren

Charmante Liebeskomödie mit Nostalgie-Faktor.


movie world filip

vor 12 Jahren

witzige komödie über nukleaire angst im kalten krieg - romantisch. charmant - tolle spacek und walken auch


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