Mansfield Park Grossbritannien 1999 – 112min.

Filmkritik

Keine Garten-Party

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Die Kanadierin Patricia Rozema ("I've Heard the Mermaids Singing") hat Jane Austens dritten Roman "Mansfield Park" (1814) zu einem Kinofilm verarbeitet. Damit fügt sie die vorläufig letzte an die vielen Jane-Austen-Verfilmungen. Rozema will nicht zu einer weiteren "Jane-Austen-Garten-Party" laden, sondern herausfinden, inwieweit sich in "Mansfield Park" Jane Austen autobiographisch in Szene setzen lässt. So wird der Film durch eine attraktive Hauptfigur zwar spannend, übergeht am Roman aber Wesentliches.

Die in ärmlichen Verhältnissen geborene Fanny Price (Frances O'Connor) wächst in der Familie ihres Onkels Sir Thomas Bertram (Harold Pinter) auf. Auf dessen hochherrschaftlichem Anwesen "Mansfield Park" ist Fanny die arme Verwandte, die man ihre gesellschaftliche Minderwertigkeit spüren lässt. Vorurteilsfrei verhält sich allein ihr Cousin Edmund (Trainspotter Jonny Lee Miller). Gebraucht wird sie vor allem von der auf ihrem Sofa vor sich hindämmernden Lady Betram (Lindsay Duncan) und deren herrischer Schwester Mrs Norris (Sheila Gish). Im Verborgenen wächst sie aber zu einer begehrenswerten, gebildeten, ja, scharfzüngigen jungen Frau heran - die auch schreibt.

Bewegung kommt in die Familie, als zu den Bertrams im heiratsfähigen Alter das Geschwisterpaar Mary (Embeth Davidtz) und Henry Crawford (Alessandro Nivola) stösst. Die beiden tragen einen frivolen Wind nach "Mansfield Park" und bringen Unordnung in das von Konventionen beherrschte Leben. Trefflich verstehen sich die Crawfords auf das kalkulierte Spiel mit den Gefühlen um Liebe und Macht. Edmund verliert sich an Marys Reize, während Henry sich an Fanny versucht. Sie verweigert sich ihm, da sie ihn als berechnend erkennt. Auf ihre ungehörige Absage folgt die Verbannung aus "Mansfield Park". Nach ihrer Rückkehr zeigt sich "Mansfield Park" in einer ungeahnten Verkommenheit. Aber zum Schluss kommt einiges wieder in Ordnung und mit Fanny und Edmund das richtige Paar unter die Haube.

Patricia Rozema hat an "Mansfield Park" vor allem interessiert, Fanny mit den Zügen der jungen Jane Austen zu versehen. So zeigt sie Fanny als werdende Schriftstellerin, die selbstbewusst auf die Stimme ihres Herzens und Verstandes hört und vor allem eines versucht: sich selber treu zu bleiben. Als ein wildes Tier hat sich Jane Austen in jungen Jahren selbst bezeichnet und "I am a wild beast" sagt Fanny beim Ausreiten einmal zu Edmund. Nicht, dass es im Film sichtbar zur Sache ginge, doch die Szene um Fannys Worte pointiert, was Rozema an fast allen Figuren herausstellt. Ihre Triebe werden von der schönen Oberfläche (auch erstaunlich schlichter Kostüme) nur noch mit Mühe verborgen. Und sonst? Patricia Rozema schafft ein ansehnliches Stück gute Unterhaltung. In ein wenig zu wunderschönen Nahaufnahmen, die zwischen tableauartigem Stillstand, verwackelter Handkamera und Slowmotion variieren, zeigt Rozema "Mansfield Park" als eine Welt des schönen Scheins, die durch den liebenden Verstand einer starken Frau vor dem Untergang bewahrt bleibt.

10.11.2020

3

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 15 Jahren

Verfilmungen von Jane Austen-Romanen sind nicht einfach und meistens keine leichte Kost. Die Sprache kommt uns zum Teil schwer verständlich vor (dialoglastig) – wenn man nicht gerade ein Vertreter des Nebensatzes ist – und auch die Thematik liegt uns fern. Es wird eine Gesellschaft beschrieben, in der es das höchste und einzige Ziel der Frau ist, geheiratet zu werden. Regisseurin Patricia Rozema ist es gelungen, uns Jane Austen nahe zubringen. Sie nutzt die gute Kamera, bringt pyrotechnische Überraschungen und kann ein gleichförmig gutes Ensemble einsetzen. Gegen Ende gelingen noch einige bemerkenswerte Regieeinfälle: Schauspieler erstarren kurz, Textstelle wird wiederholt. So kommt auch noch Humor auf. Eine Doppelrolle für Lindsay Duncan: als einfache Proletenmutter (Mrs. Price) und als vornehme Lady Bertram, ihre Schwester, lässt einen zweimal hinschauen. Das Anschauen lohnt allerdings allemal.Mehr anzeigen


elleth

vor 22 Jahren

süsse geschichte gut umgesetzt


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