Schatten der Wahrheit USA 2000 – 130min.

Filmkritik

Hitchcock für Einsteiger

Bruno Amstutz
Filmkritik: Bruno Amstutz

Auch wenn das Millenium ohne Weltuntergang begonnen hat, ist die Flut übersinnlicher Thriller noch nicht verebbt. Robert Zemeckis liefert die neueste Geistergeschichte und verpackt sie als Thriller. Seine Hommage an Hitchcock leidet aber über weite Strecken an Spannungslosigkeit.

Sie scheinen das perfekte Ehepaar zu sein: Dr. Norman Spencer (Harrison Ford) und seine Frau Claire (Michelle Pfeiffer) leben in einem Dorf im malerischen Vermont, komplett mit Haus, Hund und Tochter. Als diese jedoch auszieht um aufs College zu gehen, verkraftet ihre Mutter das nur schwer. Norman arbeitet als Gentechnologe verbissen an seiner Karriere, um aus dem Schatten seines berühmten Vaters zu treten, und so hat Claire viel Zeit, um im leeren Haus ihren Gedanken und Erinnerungen nachzuhängen. In ihrer Einsamkeit beginnt sie, rund um ihr Heim verdächtige Dinge zu beobachten. Erst bezichtigt sie ihren Nachbarn, seine Frau umgebracht zu haben, dann hört sie Stimmen im Haus und sieht schliesslich einen Geist. Dieser scheint Claire etwas über ihre eigene Vergangenheit mitteilen zu wollen, das sie aus ihrem Bewusstsein verdrängt hat. Als sie schliesslich das Puzzle löst, sieht sie ihren liebenswerten Ehemann in einem ganz neuen Licht.

Regisseur und Produzent Robert Zemeckis stellte sich selbst den Anspruch, einen Thriller zu drehen, wie ihn Hitchcock mit den heutigen technischen Möglichkeiten realisiert hätte. Möglicherweise wäre aber Hitchcock in einer Vorstellung von "What Lies Beneath" in der ersten Stunde eingeschlafen. Michelle Pfeiffer schlurft in endlosen Sequenzen durch jeden Winkel ihres Hauses und wandelt im Schneckentempo von einer übersinnlichen Manifestation zur nächsten.

Um den Spannungsbogen möglichst flach zu halten, schneidet Robert Zemeckis auf dem Weg zum Finale haufenweise irrelevante Themen und Figuren an: Claire’s Gang zum Psychiater bleibt folgenlos, ihre bedeutungsschwanger in Szene gesetzte Ungeschicklichkeit im Umgang mit Rosendornen gebärt nie ein Ereignis und Normans übermächtiger Vater geistert zwar durch die gesamte Handlung, muss aber letztlich nur als Legitimation für einen ausserhalb des Films liegenden Seitensprung dienen. Zemeckis führt nicht nur Claire, sondern auch die Zuschauer auf einige falsche Fährten.

Die übersinnliche Komponente hingegen bringt dem Genre keine Neuheiten. Schenkt man den Filmemachern Glauben, sind Geister entweder extrem phantasielose Geschöpfe, oder es herrscht in ihrer Zunft eine geheime Übereinkunft, wie sie sich den Menschen bemerkbar machen sollen. Auch Claire’s Geist hält sich an die Konventionen: Er flüstert ihr mit verschwommener Stimme ins Ohr, öffnet verschlossene Türen, lässt Bilder auf den Boden fallen, schaltet den Computer ein und schreibt seine Initialen auf den Bildschirm. Wirkliche Schockmomente bleiben rar.

Glücklicherweise legt der Streifen in der letzten halben Stunde deutlich an Tempo zu und liefert einige spannungsgeladene Wendungen. Trotzdem wird Zemeckis kaum als zweiter Hitchcock in die Annalen der Filmgeschichte eingehen. Seine Vertuschung der eigentlichen Handlung wirkt stellenweise zu aufgesetzt, um der Wirkung des Films zuträglich zu sein. Und ob es Hitchcock für nötig gehalten hätte, computergenerierte zerfledderte Wasserleichen in Grossaufnahme zu zeigen, darf ebenso angezweifelt werden.

19.02.2021

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Kommentare

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julianne

vor 9 Jahren

Einer der besten Thriller of all Time sind gewisse blind und gehörlos inklusive cineman!!!!! Hammer ❤ ️ ❤ ️ ❤ ️ ❤ ️ ❤ ️


movie world filip

vor 13 Jahren

spannung okay... aber zemeckis macht manchmal viel bessere filmen, gut wenn's nicht besseres gibt


sminja

vor 19 Jahren


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