Emil und die Detektive Deutschland 2001 – 111min.

Filmkritik

Neues aus der erwachsenenfreien Zone

Filmkritik: Manuela Bruderer

Nach "Pünktchen und Anton" (1999) kommt erneut ein Erich-Kästner-Klassiker in die Kinos. Die Regisseurin und Drehbuchautorin Franziska Buch adaptiert die literarische Vorlage "Emil und die Detektive" würzig an das Berlin der Gegenwart. Buch konnte sowohl erfrischende Jungstars (Tobias Retzlaff, Anja Sommavilla) als auch im deutschen Kino etablierte Schauspieler (Jürgen Vogel, Kai Wiesinger) und eine mehrfach ausgezeichnete Schauspielerin (Maria Schrader, "Aimée und Jaguar"), gewinnen. Somit kann die Spritztour von Emil und Co. gegen die Erwachsenenwelt beginnen...

Emil Tischbein (Tobias Retzlaff), ein 12-jähriger Junge aus Ostdeutschland, lebt bei seinem alleinerziehenden Vater Knut (Kai Wiesinger). Dieser ist zwar ein genialer Lenkdrachenbauer und der beste Geburtstags-Spezial-Burger-Koch, aber leider arbeitslos und mit finanziellen Mitteln wenig bestückt. So denkt Emil, dass sein Vater "heimlich unglücklich" ist. Um so grösser seine Freude, dass sein geliebter Papa bald einen Job als Staubsaugervertreter in Aussicht hat. Doch das Glück ist von kurzer Dauer. Knut Tischbein verletzt sich bei einem Autounfall und muss nicht nur ins Spital, sondern auch den Führerschein abgeben und schwups, der Job ist weg! Vater Tischbein entscheidet sich, den Jungen während der Schulferien nach Berlin zu schicken. Dort soll er bei der Pastorin Hummel (Maria Schrader) und ihrem Sohn Gustav (David Klock) in einer super Villa, mit grossem Garten und Swimmingpool wohnen. Doch der Weg dorthin gestaltet sich höchst abenteuerlich. Im Zug nach Berlin wird Emil heimtückisch von einem Mann namens Max Grundeis (Jürgen Vogel) um seine 1500 Mark betrogen. Dabei wollte Emil doch mit diesem Geld aus seiner "Zukunftskasse" dem Vater einen neuen Führerschein erwerben. Am Bahnhof Zoo angekommen, hat Emil nur ein Ziel, er will sein Geld zurück. Nur, die lebendige und aufregende Grossstadt birgt für einen Jungen vom Land viele Gefahren. Zum Glück lernt er die draufgängerische Bandenchefin Pony Hütchen (Anja Sommavilla) kennen. Mit ihr und den anderen Detektiven, die Pony Hütchen mit einem kurzen Pfiff antanzen lässt, hecken sie in der "erwachsenenfreien Zone" einen Plan aus, um dem Gauner mit der "Vampirsvisage" das Handwerk zu legen. Der Schlachtplan ist zwar clever, doch die ganze "Parole Emil" wird gefährlicher als vorausgesehen...

Erich Kästner würde sich wahrscheinlich freuen! Die Verfilmung seines erfolgreichen Kinderbuches aus den späten Zwanzigern ist mehr als geglückt. Immer noch vermag die Geschichte jenes Mannes, dessen Werke den Bücherverbrennungen des nationalsozialistischen Regimes zum Opfer fielen, Jung und Alt zu begeistern. Dabei hilft Franziska Buch sowie die schauspielerische Leistung aller Beteiligten kräftig mit. Buch versteht mit der Literaturvorlage unbefangen umzugehen. So resultiert einerseits ein Werk, das dem Kern der Geschichte und den von Kästner bereits im letzten Jahrhundert angetönten Schwierigkeiten gerecht wird. Andererseits wird die Story neu mit zeitgenössischen Elementen aufgeladen. So machen die Kids des Jahres 2000 die Metropole nicht mehr mit dem guten alten Fahrrad unsicher, sondern mit coolen Klamotten, Skateboards, Handys und - last but not least - einer "goldigen" Kreditkarte. Mütter und Väter dieser Kinder sind, wie es sich heutzutage für eine Grossstadt gebührt, mehrheitlich geschieden, leben in Trennung oder machen gerade Karriere, nur noch die Immigranten konzipieren sich als Grossfamilie.

Erfreulich ist auch die Neuzeichnung von Pony Hütchen. Sie stellt nicht mehr bloss eine Nebenrolle dar; im Gegenteil, sie ist ein gut in Szene gesetzter, sympathischer Tausendsassa und hat ihre Clique fest im Griff. Mit den von Buch zum Teil veränderten und neu erfundenen Charakteren, so zum Beispiel der Rolle von Gipsy (Maximilian Befort), schafft sie analog zu Kästners Sprachwitz köstliche Handlungs- und Situationskomik und macht diesen abenteuerlichen Familienfilm und zugleich Grossstadtmovie zum Genuss.

19.02.2021

4

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Kommentare

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ponyhütchen

vor 22 Jahren

Was ich noch ergänzen möchte: In der Filmbeschreibung liegt ein Fehler vor: Der Emil Darsteller heißt TOBIAS Retzlaff und nicht Jürgen Retzlaff!


ponyhütchen

vor 22 Jahren

Klasse Film!! Super Schauspieler, gute Kulisse, schöne Musik, es stimmt einfach alles!!!! Kompliment an Franziska Buch!

Ciao, eure

***Pony***


ponyhütchen

vor 22 Jahren

Tobias Retzlaff spielt umwerfend gut!! Super Film!!!!!!!!!!!


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