Schiffsmeldungen Kanada, USA 2001 – 111min.

Filmkritik

Der Mann, die Frauen und das Meer

Filmkritik: Senta van de Weetering

Ein erfolgloser Schriftsetzer aus New Jersey findet nach einer gescheiterten Ehe mit Tochter und Tante im kalten Neufundland zum ersten Mal Freunde, eine neue Liebe und Boden unter den Füssen. Der Roman von Annie Proulx war ein Bestseller; nun bringt ihn Lasse Hallström mit Kevin Spacey und Judi Dench in den Haupt- sowie Cate Blanchett und Julianne Moore in Nebenrollen auf die Leinwand. Ein Abenteuer mit ziemlich glücklichem Ausgang.

Das Vergnügen beginnt spätestens, wenn die zur Zeit viel beschäftigte Cate Blanchett als Schlampe Petal auftaucht, sich Quoyle (Kevin Spacey) zum Mann schnappt, ihn anschliessend ohne Herz und Mitleid betrügt und ausnützt. Die Australierin hat sich in Rollen verschiedenster Art mit ihrer ungemeinen Leinwandpräsenz und Wandlungsfähigkeit einen Namen gemacht ("Elizabeth", "An Ideal Husband", "The Gift", "Bandits"). Nun zwängt sie sich in hautenge Jeans, schmeisst sich Männern an den Hals und versucht, ihre und Quoyles Tochter zu verkaufen, bevor sie sich aus dem Staub macht. Dabei allerdings verunfallt sie tödlich und verschwindet aus dem Film.

Umzug in den Norden

Statt ihrer tritt auf: Judi Dench, ebenfalls hervorragend als Quoyles Tante, die den verzweifelten Neffen und seine Tochter in den Norden schleppt, nach Neufundland, wo ihre Familie herkommt. Eine ungastliche Gegend, die offenbar bemerkenswerte Menschen hervorbringt, und in die Quoyle so gar nicht passen will: Das Land ist auf allen Seiten von Wasser umgeben, und der Mann fürchtet dieses Element. Er erhält den Auftrag, für die Lokalzeitung über Autounfälle zu berichten, und das weckt verzweifelte Erinnerungen an den Tod seiner Frau. Er soll Bootfahren lernen, und er hasst Boote. Trotzdem lebt er sich langsam ein in dem Land, das seine Eltern verlassen haben, und findet zum erstem Mal im Leben zu Selbstwertgefühl und Zufriedenheit. Sogar eine neue Liebe (Julianne Moore, die dritte im Bunde der Frauen, die diesen Film bemerkenswert machen) stellt sich ein.

Allzu reibungslos

Annie Proulx' Roman "Schiffsmeldungen" lebt von exakten Beschreibungen der kalten, unwirtlichen Gegend und ihrer BewohnerInnen. Nur zaghaft stellt sich im Buch so etwas wie Glück, oder wenigstens die Hoffnung darauf ein. Im Film geht alles etwas schnell, und es werden gar zu viele Brüche allzu rasch und vollständig gekittet. Kevin Spacey hat zwar für die Rolle zugenommen und trägt viele und grosse Pullover. Trotz dieses körperlichen Einsatzes (der ihn natürlich nicht zum wirklich dicken Quoyle des Buches macht; aber offensichtlich ist dem Filmpublikum ein dicker Held nicht zuzumuten) fehlt ihm die grundlegende Verlorenheit, die er bei Proulx hat. Was so entstand, ist ein hübscher, aber nie herausragender Film über einen Mann, der im hohen Norden zu sich selber findet.



25.05.2021

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 13 Jahren

typische hallström, langsame aber gute story mit starke spacey


pirx

vor 22 Jahren

Ein filmisches Meisterwerk


betzi

vor 22 Jahren

spacey ist für diese rolle geschoffen, bilder sind toll


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