Ein Tag mit April Burns USA 2003 – 81min.

Filmkritik

Versöhnung beginnt im Kopf

Filmkritik: Irene Genhart

"Pieces of April" von Peter Hedges ist die tragkomische Beschreibung eines Versöhnung-Versuchs zwischen einer missratenen Tochter und deren todkranker Mutter.

Eigenwillig sei der Monat April, sagt der Volksmund, und eine Protagonistin gerade so launisch und wandelbar wie der Monat stellt Peter Hedges in seinem Regiedebut "Pieces of April" vor. April Burns (Katie Holmes) ist ein Punkgirl Mitte zwanzig und lebt zusammen mit ihrem schwarzen Boy-Friend Bobby (Derek Luke) in einem heruntergekommenen Mietshaus in der Lower East Side von Manhattan.

April ist hübsch, kreativ, reizvoll launisch, herrlich verschlampt und - wie ihre Mutter Joy (Patricia Clarkson) findet - schon seit Geburt von des Teufels Karre gefallen. Dementsprechend gespannt ist das Mutter-Tochter-Verhältnis, und April ist schon als Teenie nach New York entflohen. Nun aber ist Joy todkrank und wild entschlossen, ihrer missratenen Tochter einen Besuch abzustatten. April ihrerseits hat, wohl wissend, dass sie ihre Mutter vielleicht das letzte Mal sieht, die Familie zum Thanksgiving-Dinner geladen.

Von diesen Startpositionen aus schickt Peter Hedges Mutter und Tochter auf die Reise. Joy fährt, begleitet von GatteJim (Oliver Platt), ihren zwei besser geratenen Kindern Beth (Alison Phil) und Timmy (John Gallagher Jr.) sowie der senilen Oma (Alice Drummond) im Auto übers Land nach Manhattan. Irgendwann kramt man nach April-Anekdoten, und als Joy - eine überzeugend luzide Patricia Clarkson - sarkastisch feststellt, sie hege an April nicht eine einzige positive Erinnerung, kehrt man beinahe um.

Der eigenen, an Krebs gestorbenen Mutter hat Hedges "Pieces of April" gewidmet. Der zweite Ausgangspunkt seiner Story steckt in der Anekdote von einigen New Yorkern, die zu Thanksgiving ein Truthahn-Essen veranstalten wollten, dann aber feststellen mussten, dass ihr Backofen nicht funktioniert: Just dies passiert auch April. Ergo begibt sie sich, den ungekochten Vogel unterm Arm, in der Nachbarschaft auf die Suche nach einem "Leihbackofen". Sie schliesst Bekanntschaft mit dem schwarzen Ehepaar von unten, der Veganerin von oben, dem schnippischen Yuppie von unterm Dach und dem kaum Englisch sprechenden, aber herzlichen Vietnamesen von nebenan.

Pas grande chose geschieht in diesem Stück. Doch gerade dieses bescheidene Verharren im Kleinen verpasst Hedges' Film - wie schon "What's Eating Gilbert Grape?" und "About a Boy", zu denen er die Drehbücher verfasste - eine reizvolle Wahrhaftigkeit, welche durch die fahrige Digitalvideo-Kamera von Tami Reiker noch unterstrichen wird.

So geht es in "Pieces of April" um das anbetrachts eines angekündigten Todes plötzlich lauter werdende Ticken der Zeit, das unmöglich scheinendes plötzlich möglich werden und Menschen über sich hinaus wachsen lässt: Ein schöner Film, einer der wohltuend unbeschönigend vom Krampf berichtet, der das ganz normale Menschsein bisweilen ist - und das geschieht auf Leinwand nun wirklich selten.

16.02.2024

4

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Kommentare

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blocaholic

vor 20 Jahren

i saw this film in the USA and i only can say that it sucks. It should be called Piece of s**t instead of Pieces of April. Dont watch this film (you will regret it)!!!!


salesman

vor 20 Jahren

Die Berichte in den Medien liessen mich von Pieces of April mehr erwarten: etwas schwarzen Humor, mehr Lacher, eine schrägere Story.


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