Derecho de familia Argentinien, Frankreich, Italien, Spanien 2006 – 102min.
Filmkritik
Unaufgeregte Familienstudie aus Argentinien
Nach "El abrazo partido" beschäftigt sich der argentinische Regisseur Daniel Burman erneut mit einer Vater-Sohn-Beziehung.
Ariel Perelman (Daniel Hendler) strebt seinem Vater Bernardo (Arturo Goetz) nach, grenzt sich aber gleichzeitig von ihm ab. Er ist wie sein Vater Jurist, bevorzugt aber die Lehre und meidet das bereitgestellte Büro in der Anwaltskanzlei seines Vaters. Nebenbei heiratet er eine Pilates-Instruktorin (Julieta Diaz), die kurz bei ihm in der Vorlesung sass. Bald wird er selbst Vater.
Der Einstieg in "Derecho de familia" (Familienrecht) gelingt Daniel Burman beschwingt. Eine Stimme aus dem Off stellt den älteren, figulanten Anwalt Bernardo Perelman vor. In einer Selbstverständlichkeit umgeht dieser Warteschlangen vor dem Lift, lässt sich auf den Ämtern als Erster bedienen. Seine Rücksichtslosigkeit scheint niemanden zu stören, ja sie fällt gar nicht auf. Er versteht es sich seinem Gegenüber, sei es ein Mann von Welt oder ein einfacher Automechaniker, in Art und Sprache perfekt anzupassen - ein menschliches Chamäleon. Der Erzähler, sein Sohn Ariel, vergleicht ihn mit Woody Allens "Zelig". Er führt dem Zuschauer eine vielschichtige, spannende Figur vor. Doch nachdem er in einem kurzen Intro uns mit ihr bekannt gemacht hat, degradiert er sie zur Nebenfigur und lenkt den Fokus auf sich selbst.
Und hier liegt das Problem des Films, der trotz einer an sich interessanten elliptischen Erzählweise, der Kunst des Weglassens, wenig zu überzeugen vermag. Vor allem, weil Ariel und mit ihm dem Film der Schwung von Perelman Senior abgeht. Während Ariel im Privatleben ein ziemlicher Langweiler ist, blüht er immerhin als Dozent an der juristischen Fakultät ein wenig auf und weiss die Studierenden beredt zu unterhalten. Die Beziehung zu seiner Ehefrau bleibt in der Schwebe, sie scheinen sich nicht zu verstehen, leben zusammen und doch aneinander vorbei. Trotzdem ist bald Nachwuchs da. Sohn Gaston bekommen wir zu Gesicht, als dieser bereits seine ersten Schritte gemacht hat. Nachdem Ariel mit dem Dasein als Sohn und Ehemann weiterhin seine liebe Mühe bekundet, versucht er sich nun zusätzlich in der Vaterrolle zurechtzufinden.
Der Film setzt den Alltag ins Zentrum. Die kleinen Tragödien und schönen Momente des Lebens blendet er aus, oder zeigt sie dann so emotionslos, dass sie kaum berühren. Dem Exponenten des so genannten "Nuevo Cine Argentino" gelingt es weit weniger als in seinem Vorgängerfilm, der den Mikrokosmos einer Ladenpassage belebte, das Interesse für die Figuren beim Zuschauer zu wecken. Dennoch war "Derecho de familia" Argentiniens offizieller Vorschlag für die diesjährigen Academy Awards.
Immerhin kommen Zuschauer, die in irgendeiner Weise mit dem Thema Schweiz konfrontiert werden wollen, auf ihre Rechnung. Gaston wird in den Kindergarten der Schweizerschule geschickt. Dort wird unsere Folklore gepflegt. In diesem argentinischen Kontext hat das durchaus komisches Potenzial.
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