Kill Me Please Belgien, Frankreich 2010 – 95min.

Filmkritik

Wem die Stunde schlägt

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Der Belgier Olias Barco lädt zum Besuch in einer Klinik ein, in der man seinen Löffel abgeben kann. Eine so genannt schwarze Komödie in schwarzweissen Bildern über Selbstmordaspiranten und andere schräge Vögel, die ziemlich grausam daherkommt.

Der Filmtitel gibt die Richtung an, aber es kommt dann doch anders, vor allem wird's brutal. Es geht um Dienstleister die Sterbehilfe leisten, um Selbstbestimmung und Ironie des Schicksals. Einmal gibt es eine Szene, in der Dr. Krueger (Aurelien Recoing) eine Patientin beglückwünscht, dass sie sich anders entschlossen hat, nämlich zu leben. Bravo! Das hängt mit einem Brand in diesem abgelegenen Herrschaftshaus zusammen, wo ein Mann in Flammen aufgeht und stirbt. Sie wurde vom Suizid abgeschreckt.

Andere haben mehr "Glück". Einer verbringt seine letztes Sex-Stündchen mit einer Blondinen im Bett. Das wird freilich bierernst und triste dargestellt. Eine gewisse Ironie kann man indes anderen Episoden nicht absprechen, etwa wenn zwei Männer, Jack und Dédé, und die Finanzinspektorin Evrard (Virginie Efira) auf einem Waldweg unter Beschuss genommen werden. Sie wird erschossen, und Jack meint, das sei ihr letzter Wunsch gewesen, bevor er dann selber das Zeitliche segnet. Wer war's? Die Dorfbewohner, die Jagd auf die Spitalbewohner machen. Es wird gekillt wie einst bei Shakespeare.Am Ende fällt man übereinander her. Mr. Vidal (Bouli Lanners) beispielsweise versorgt eine Patientin im Sarg - lebendig. Dr. Krueger macht sich ebenso die Hände blutig wie die transsexuelle Rachel (Zazie de Paris), die Vidal mit ihrem Schal erdrosselt. Und dabei flüstert: "Alles ist gut."

Nein, es geht in diesem schwarzweissen Drama nicht vordergründig um das Geschäft mit der Sterbehilfe, nicht um psychologische Probleme oder zwischenmenschliche Aspekte, sondern um einen Tod, den man selten selber bestimmen kann. Das "Schlachtfest", das der Olias Barco mit seiner kruden Moritat angezettelt hat, kann man freilich nicht als Komödie verkaufen. Die grausame Groteske im und um ein Landschloss ist keine Einladung für sanfte Gemüter, sie zielt eher auf ein Splatter-Publikum. Barco, der selber anfangs auftritt, meint zu seinem Film: "Durch die Grausamkeit des schwarzen Humors bringt dieser Film unsere Träume von netter, freundlichen Erscheinungen auf den Boden der Realität und führt uns die Sterblichkeit vor Augen."

Schöne Worte, die Kill Me Please freilich stark verharmlosen. Man muss wohl sehr zynisch und sarkastisch sein, um an diesem Gewaltwerk Unterhaltungswert zu finden - selbst wenn der Todesreigen an einem Filmfestival in Rom mit dem grossen Preis gekürt wurde.

17.02.2024

3

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Kommentare

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junglejulia

vor 13 Jahren

hab mich selten so amüsiert, tiefschwarz, topaktuell, wahrhaftig und grotesk... nicht verpassen!


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