Generation Teleboy Schweiz 2013 – 77min.
Filmkritik
Sex, Drugs & Blasmusik
Hannes Hug rollt die vier Jahrzehnte umspannende Geschichte der DRS Big Band auf. Einst Teil der geistigen Landesverteidigung, gab ihr das Pop-Jahrzehnt den Gnadenstoss.
Die Generation Teleboy, das ist aus der Sicht des 1968 geborenen Hannes Hug die erste Generation der Fernsehkinder. Hug, lange Jahre selbst beim Schweizer Fernsehen tätig, wuchs in Herzogenbuchsee auf und verbrachte in seiner Kindheit eine markante Anzahl an Stunden vor der Mattscheibe. Fester Bestandteil seines Fernsehkonsums: Kurt Felix' Samstagabend-Show rund um einen herumschwankenden Dauergrinser, die auf ihrem Zenit sagenhafte zwei Millionen Zuschauer vor die Apparate lockte.
Die wahre Faszination ging für Klein-Hannes jedoch von der im "Teleboy" auftretenden DRS Big Band aus. Sie wurde für ihn zum Inbegriff von Showbiz. Am Silvester 1981, der letzten "Teleboy"-Sendung, hatte es sich für das Ensemble indes nach 40 Jahren ausgespielt. Es verschwand in der Versenkung, und wurde einige Jahre später ganz aufgelöst.
Hug und sein Co-Regisseur Beat Lenherr rollen in ihrer Doku die Geschichte der Big Band auf, deren Ursprünge bis zur Landesausstellung 1939 in Zürich zurückreichen. Bis die beiden Filmemacher in den 80ern ankommen, haben sie unzählige Verflechtungen freigelegt, die wieder mal die bescheidenen Abmessungen unseres Landes vor die Augen führt - heruntergebrochen auf die Ebene des Rundfunks. Ein nostalgisches Stück Schweizer Geschichte wird hier mit viel Archivmaterial herrlich collagiert und munter mit dem Heranwachsen eines Lausbuben im Oberaargau verquickt.
Darüber hinaus verweist Hug jedoch auf den doppelten Boden der DRS Big Band, deren massenkonforme Unterhaltungsmusik auch als Instrument der Gleichschaltung und Sicherstellung des nationalen "Courant normal" fungierte. Hug zitiert die "geistige Landesverteidigung" gefühlte 500 Mal - die bissigere Seite seiner Doku bedient sich nicht zuletzt der Repetition, was sich durchaus als Allegorie zum hintergründigen Zweck der Formation verstehen lässt.
Eingestreut in diese süffige Dokumentation sind die Aussagen von vier der früheren Band-Mitglieder. Dabei zeichnen ihre Aussagen in erster Linie das Bild des damaligen Berufsstandes DRS-Big-Band-Musiker: Menschen im Spannungsfeld von Rampenlicht-Glamour und sprödem Studio-Handwerk, mal Künstler, mal Beamte. Gerne hätte man noch mehr Anekdoten von diesen markanten Typen erzählt bekommen - es scheint nämlich, da lägen noch etliche in ihren Köpfen herum.
Generation Teleboy macht Spass: Stufenlos und zügig verbindet der Film nostalgische Zeitreise mit persönlichem Portrait, Schwelgerei mit kritischem Blick. Und nicht zuletzt Musik mit Musik mit Musik.
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