Vielen Dank für nichts Deutschland, Schweiz 2013 – 95min.
Filmkritik
Behindertengerecht
Selten durfte man so freiherzig über Behinderte lachen, wie in Oliver Paulus Vielen Dank für Nichts. Eben gerade deshalb, weil sie hier zu allem fähig sind.
Die Beine gelähmt, die Lebensfreude verlernt: Teenager Valentin (Joel Basman) ist nach einem Snowboardunfall die Unausstehlichkeit in Person. Als Rollstuhl-Rowdy führt er sich dann auch entsprechend in die Südtiroler Behindertenklinik ein. Eifrigst disst er von Tag eins weg die weitaus stärker handicapierten Mitbewohner. An den Abenden schmollt der Trauerkloss stumm im Zimmer vor sich hin.
Doch klärt sich das schlechte Wetter zusehends auf. Zum einem dämmert es Valentin, dass die "Spastis" in Tat und Wahrheit allesamt gute Seelen sind. Zum anderen hat er ein Auge auf die hübsche Pflegerin Mira (Anna Unterberger) geworfen, die seine Charmeoffensive prompt erwidert. Das Problem aber: Mira hat einen Freund. Der sieht gut aus. Kann laufen. Arbeitet in einer Tankstelle. In einer Tankstelle? "In einer Tankstelle", höhnt Valentin. Er beschliesst mit seinen beiden Rollstuhl-Kumpels Lukas und Titus, dem Zapfsäulen-Hengst mal aus der Reserve zu locken.
Aus der Reserve gelockt haben auch Oliver Paulus und Stefan Hillebrand, nämlich ihre behinderten Protagonisten, von denen zahlreiche im Film zu sehen sind. Laut den Regisseuren kamen so einige der besten Momente zustande. In welchen Szenen es strammere Zügel bedurfte, ist nicht ausmachbar – muss es aber auch nicht sein. Es genügt die Erkenntnis, dass diese Komödie in ihrem Kern ernsthaft danach strebt, Behinderte als möglichst fähige, uneingeschränkte Menschen zu zeigen. Nach einer kurzen Abtastphase darf man sich ohne Gedanken an politische Unkorrektheit herzhaft über ihre Aktionen amüsieren - ein jeder neuer Lacher lässt dabei die Behinderung ein wenig mehr verschwinden.
Paulus und Hillebrand bedienen die gängigen Mechanismen einer Feelgood-Komödie hier mit Handgriffen, die jederzeit sitzen. Kumpeltum, Love-Interest, schwankende Gefühle, jugendlicher Schabernack, flott antreibende Musik, stringente Montage: Vielen Dank für Nichts ist ein Paket, um dessen Inhalt man eigentlich weiss, aber immenses Vergnügen dabei hat, es auszupacken. Gleichzeitig verhindert der Film es trefflichst, sich als eine einzige Klamotte darzureichen.
Der hierzu nötigen Überhöhung verweigert er sich, verdrängt dafür aber die innere Traurigkeit der zentralen Person Valentin auch in heiteren Momenten nie ganz. Joel Basman wendet die Rotzigkeit eines Pausenplatz-Bullys auf, um am Anfang des Films den Verdruss seiner Figur zu veranschaulichen. Auch am Ende ist dieser Valentin kein Strahlemann. Die Beine bleiben gelähmt. Die Lebensfreude aber, die hat er zu einem guten Stück von neuem wiedererlernt.
Dein Film-Rating
Kommentare
Schöner Film. Momente zum Nachdenken, aber auch lustige Situationen. Gut besetzt - Joel Basmann glänzt in seiner Rolle.
Gelöschter Nutzer
Verfasst vor 10 Jahren
traurig und trotzdem zum lachen... wunderbarer Joel Basman!
Die Überfallszene* hat im Saal Szenengelächter ausgelöst, dass leider nicht mehr zu verstehen war, was die Rollstuhl-Computerstimme sagte...
*notabene in der "Tanke". Vielen Tank für Nichts.
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