The Visit - An Alien Encounter Österreich, Dänemark, Finnland, Irland, Norwegen 2015 – 83min.

Filmkritik

Mit den Augen eines Aliens

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Wie würde die Menschheit reagieren, wenn ein Ausserirdischer die Erde besuchen würde? Ausgehend von dieser Frage entwickelt der Däne Michael Madsen einen philosophisch-ironischen Essayfilm, der in Interviews mit Experten der Condicio humana nachspürt.

Schon oft liessen Spielfilmregisseure meist aggressive Ausserirdische auf der Erde landen, oft wurden im Kino auch schon Astronauten in die Weiten des Weltraums geschickt, um nach ausserirdischem Leben zu suchen. Wohl noch nie ging allerdings ein Dokumentarfilmregisseur ganz wissenschaftlich und nur leicht ironisch gebrochen an dieses Thema heran.

Mit The Visit – An Alien Encounter hat der dänische Filmregisseur und Konzeptkünstler Michael Madsen nach seiner Auseinandersetzung mit der Frage der Endlagerung von Atommüll in Into Eternity als zweiten Teil der "Trilogie über die Menschheit" einen Filmessay gedreht, der ganz im Konjunktiv gehalten ist. So dankt er auch im Vorspann den Wissenschaftlern und Politikern, die bei seiner Simulation mitspielten und sachlich und ernst Fragen zur Reaktion der Menschheit auf die potentielle Landung eines Aliens antworteten.

Das Alien selbst bekommt man verständlicherweise nie zu Gesicht, vielmehr übernimmt der Zuschauer die Position dieses Ausserirdischen und blickt so aus ungewohnter Perspektive in den Interviews mit unterschiedlichsten Experten der UNO und NASA vom Politiker über einen Juristen und einen Offizier bis zum Astrobiologen und Theologen auf die Spezies Mensch.

Menschliche Grundkomponenten vom Drang, alles wissenschaftlich zu erklären und zu verstehen und damit auch zu kontrollieren werden so ebenso angesprochen wie die Angst vor dem Unbekannten, die Panik auslösen kann, gleichzeitig aber auch im positiven Sinne den Menschen veranlassen kann, Vorkehrungen zu treffen.

Die ausführlichen Interviews, bei denen offen bleibt, wie ernst die Befragten ihre Antworten selbst nehmen und wieviel Ironie mitschwingt, werden dabei ergänzt durch Stadtansichten von Wien, durch gleitende Kamerafahrten vorbei an in Zeitlupe passierenden Menschenmassen und durch sterile Bürogebäude und Forschungszentren sowie durch barocke Prunkräume, die auf die zivilisatorischen Leistungen der Menschheit verweisen. Gleichzeitig wird dieser schöpferischen Fähigkeit aber wieder das Aggressionspotential des Menschen gegenübergestellt, das in immer wieder ebenfalls in Zeitlupe agierenden Soldaten und durch Gebüsch vorrückenden Panzern zum Ausdruck kommt.

Doch so sehr die Ausführungen der Experten im Einzelnen auch zum Nachdenken anregen können, so visuell brillant die gestochen scharfen Cinemascope-Bilder auch sind, so kann dieser Essayfilm aufgrund seiner Theorielastigkeit und des wenig stringenten Aufbaus den Zuschauer doch nicht über die die ganze Länge fesseln.

14.04.2024

3

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