Handmaiden - Die Taschendiebin Korea, Republik (Süd) 2016 – 145min.

Filmkritik

Männer in der Frauenfalle

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Korea um 1930, von Japan besetzt: Die Taschendiebin Sookee nistet sich bei der japanischen Erbin Hideko als Zofe ein, um sie zusammen mit dem Hochstapler Fujiwara zu «beerben». Der Schein trügt, denn in diesem brisanten Erotikthriller und Psychodrama kommt alles anders – nach dem Roman «Solange du lügst» (Fingersmith von Sarah Waters, 2002). Ein Meisterwerk der Täuschung.

Korea kuscht unter den japanischen Invasoren. Die junge attraktive Sookee (Kim Tae-ri), Tochter einer berühmten Diebin, schlägt sich so durch und wird von einem windigen Kleinganoven, der sich als Graf Fujiwara (Ha Jung-woo) ausgibt, in seine Pläne eingespannt. Er will an das Vermögen der reichen japanischen Erbin Hideko (Kim Min-hee), will um ihre Hand werben und dann eben «ausplündern». Sookee soll ihm zur Hand gehen und als Dienstmädchen das Vertrauen der Lady erschleichen und ihn auf dem Laufenden halten.

Der perfide Raubzug scheint zu klappen, doch die japanische Adelige, auf die es auch ihr perverser Onkel, ein Sammler von Pornografie, abgesehen hat, verliebt sich in die schönen Bedienstete. Und die entdeckt eine neue Gefühlswelt. Gleichwohl lässt sich Hideko zur Heirat verführen, wird dann aber kurzerhand vom Heiratsschwindler Fujiwara entmündigt und für verrückt erklärt. Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn der Film setzt erneut an und schildert die Geschehnisse aus der Sicht Hidekos. Und die vertraut sich dem falschen Grafen an, um sich und ihr Vermögen vor dem erbgierigen Onkel zu schützen. Doch die Liebe spannt andere Bande, und die schurkischen Mannsbilder geraten in eine Frauenfalle.

Der Zuschauer ist nicht vor Täuschungen und überraschenden Wendungen gefeit. In drei Teile hat der Koreaner Park Chan-wook, Gewinner der Goldenen Palme 2003 für Oldboy (2003), sein Erotikdrama angelegt. Zuerst werden Plan und Ausführung der Heirat und Enterbung dargelegt, dann ändert sich die Perspektive, Hidekos Absichten und Liebe sowie ein Frauentausch werden offenbart. Im Schlusskapitel verbeissen sich die Männer ineinander, und das Erbe geht auf Reisen…

Park Chan-wook hat Motive des Romans «Solange du lügst» (Fingersmith, 2002) von Sarah Waters zu einer eigenen Geschichte verarbeitet, hat vor allem Zeit (vormals viktorianisches Zeitalter) und Schauplatz verlagert. Westliche und östliche Einflüsse und Elemente vermischen sich. Besitz und Anspruch, Gier und Liebe – «Die Taschendiebin» ist ein erstklassiger Erotik- und Psychothriller, aber auch leidenschaftlicher Liebesfilm und böses Geschlechterdrama. Starke Frauen – verruchte Männer. Erlesen in der Inszenierung, ungemein ästhetisch und sinnlich: Ein Meisterwerk der Manipulation und Täuschung. Der Zweistundenfilm avancierte zum erfolgreichsten Film und lockte 4,3 Millionen Besucher in Korea.

20.02.2024

5

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

8martin

vor 2 Jahren

Ein optisch wunderschöner Lesben - Hetero Porno, den Regisseur Park Chan-wook aus drei unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt. Drei Figuren kämpfen gegen und miteinander um Reichtum und Liebe.
Ausgangspunkt ist der Hochstapler Graf Fujiwara (Ha Jung-woo). Der schleust seine Komplizin, das Dienstmädchen Sook hee (Kim Tae-ri) bei der reichen Erbin Hideko (Kim Min-hee) ein. Der Plan ist, dass der Graf Hideko heiraten und sie dann in eine Anstalt einweisen lassen will, um an ihr Erbe zu gelangen.
Erste überraschende Wende: die beiden Frauen werden über den Tisch gezogen: Sook hee wird eingewiesen und Hideko zieht mit dem Grafen davon.
Zweite Variante: die beiden Frauen verlieben sich, was in ausgiebigen Szenen dokumentiert wird. Onkel Kouzuki will ebenfalls Hideko heiraten. Der Graf schlägt ihr vor, bei Teilung des Vermögens sie vor der Heirat zu bewahren.
Letzten Endes revanchieren sich die beiden verliebten Lesben und die Männer haben das Nachsehen. Zuvor wurde gefoltert und mit Rauch vergiftet.
Die abwechslungsreichen Varianten machen den Plot durchaus unterhaltsam. Die Hinweise auf Charles Dickens haben die Rezensenten immer wieder von einander abgeschrieben, was sie aber keineswegs der Wahrheit näherbrachte. Der Plot hat mit den Romanen des guten alten Charly so viel zu tun wie Ping Pong mit Synchronschwimmen. Da bekommt der internationale Titel The Handmaiden glatt einen doppeldeutigen Sinn.Mehr anzeigen


Barbarum

vor 7 Jahren

Der neuste Film des Oldboy-Regisseurs ist ein elegant ausgeführtes und clever konstruiertes Puzzle, mit nicht nur sinnlichen, sondern auch burlesken und spannenden Elementen.

Zuletzt geändert vor 7 Jahren


Mehr Filmkritiken

Tschugger - Der lätscht Fall

Typisch Emil

Landesverräter

Greina