CH.FILM

Ladies Schweiz 2018 – 81min.

Filmkritik

Es ist nie zu spät, nochmals etwas Neues zu wagen

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Die Westschweizer Regisseurinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond forschen in ihrem Dokumentarfilm den Befindlichkeiten von fünf Frauen um die sechzig nach, die das Schicksal unverhofft allein zurückgelassen hat.

Sie heissen Carmen, Noëlle, Pierrette, Marion und Odile. Sie sind um die sechzig und haben den grösseren Teil ihres Lebens bereits hinter sich. Sie haben gearbeitet, Haushalte geführt, Kinder grossgezogen. Sie haben geliebt, waren liiert, manche von ihnen waren verheiratet. Sie hatten und haben teilweise immer noch: Jobs und Hobbys, Vorlieben und Leidenschaften. Doch das Schicksal hat sie unverhofft allein gelassen. Und so sehen sie sich in einer Phase des Lebens, in der man es gemeinhin gern etwas gemütlicher angeht, und sich viele vermehrt in Zweisamkeit zurückziehen, wohl oder übel gezwungen, ihre Situation nochmals zu überdenken und ihrem Leben frische Impulse zu vermitteln und Neues zu wagen.

Sie tun dies nicht immer ohne Sentimentalität, nicht immer fidel und locker. Doch egal, ob sie geschieden, verwitwet, oder immer Single waren: Sie gehen ihre Situation durchs Band bewusst und auch sehr reflektiert an. Sie erweisen sich dabei als bewundernswert tapfer und entwickeln nicht selten einen gelassenen Galgenhumor. Dies im Bewusstsein, dass sie kaum mehr etwas zu verlieren haben, aber vielleicht noch einmal etwas – eine neue Freundschaft, neue Liebe – zu gewinnen haben.

Bei einem Tanznachmittag oder einem Konzertbesuch, an einer Vernissage, unterwegs mit einer Wandergruppe oder bei einem Spaziergang mit Hund, während dem man unverhofft einer Gruppe Jäger begegnet. Diskret kämpft man dabei gegen die lauernde Einsamkeit, den Blues, den das Allein-Wohnen mit sich bringt. Und obwohl sie der Generation der „Digital Immigrants“ angehören und die Idee der Liebe, mit der sie aufgewachsen sind, die einer romantischen Begegnung ist, nehmen sie zeitgemäss pragmatisch auch schon mal die Dienste einer Online-Dating-Plattform in Anspruch.

Stéphanie Chuat und Véronique Reymond setzen sich bereits in ihrem Erstling – dem um einen Senior und seine Pflegerin kreisenden Spielfilm La petite chambre (2011) – mit der Thematik der Alterseinsamkeit auseinander. Nun doppeln sie, auf eine etwas jüngere Generation von alleinstehende Frauen zielend, dokumentarisch nach. Ladies ist das mit viel Feingefühl gedrehte, erfrischend offene und humorvolle Porträt einer in der vom Jugendwahn geprägten Gegenwart zu Unrecht gern übersehenen und gar nicht so kleinen sozialen Gruppe.

15.05.2019

4

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Kommentare

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Fran

vor 5 Jahren

Leider eine Enttäuschung auf der ganzen Linie... der Film kommt öde, langweilig und altbacken daher. Die Chance, erheiternde und frohe Momente einzufangen, wurde nicht genutzt.


nathalie_de_montmollin

vor 6 Jahren

Les. Dames est un film drole et triste en même temps. Il faut le faire. Bravo!


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