Night of the Kings Kanada, Frankreich, Senegal 2020 – 93min.
Filmkritik
Die Macht der Geschichten
Filme von der Elfenbeinküste sieht man nicht häufig. Überhaupt gelangt Kino aus Afrika nur selten in unsere Gefilde. Interessant ist der Blick auf dieses etwas andere Kino aber schon, da die üblichen Konventionen westlicher Erzählweise nicht beachtet werden und etwas sehr Eigenständiges entstanden ist.
MACA ist das gefährlichste Gefängnis an der Elfenbeinküste. Ein Ort, an dem es längst keine Wächter und Aufpasser mehr gibt, sondern die Häftlinge sich selbst überlassen sind. In dieses Gefängnis kommt ein junger Mann, den alle nur Roman leben. Es ist das erste Mal, das er eingesperrt ist, aber vielleicht nicht das erste Mal, dass er um sein Leben bangen muss. Denn Roman wird zum Geschichtenerzähler ernannt. Er soll die anderen unterhalten und die Geschichte dieses Orts lebendig halten – doch wenn ihm das nicht gelingt, sieht es düster für ihn aus.
Man hat eine bestimmte Vorstellung davon, wie Gefängnisfilme aussehen sollten. Dieser Film verweigert sich diesen Erwartungen jedoch, weil er seinen Fokus auf andere Gesichtspunkte richtet. «La Nuit des rois» ist ein visuell herausragender, inhaltlich nicht immer greifbarer Film. Die Bilder, die Regisseur Philippe Lacôte entwirft, sind eindrucksvoll. Er stürzt den Zuschauer direkt hinein in dieses Gefängnis und damit hinein in eine Welt, wie sie ungewohnter nicht sein könnte. In seiner Optik ist der Film immer imposant. Das macht ihn auch so faszinierend.
Die Geschichte ist indes ein wenig holprig. Sie mäandert trotz relativ kurzer Laufzeit und sie verweigert sich einer klaren Einordnung. Denn der Film befasst sich mit der Macht der Geschichten, mehr aber noch mit der Macht des Geschichtenerzählers, der nicht nur sie in die Form pressen kann, die ihm vorschwebt, sondern die Zuschauer damit auch manipuliert. Zugleich ist der Film ein Diskurs über etwas, das man in westlichen Gefilden kaum noch kennt – die mündliche Überlieferung von Geschichte.
Beides macht «La Nuit des rois» einzigartig, weil man hier den harten Knastalltag im Kontrast zu etwas nur schwer Greifbarem hat. Es ist faszinierend, mitzuerleben, wie die Geschichten, die Roman erzählt, sich entwickeln, und wie sie Einfluss auf das Leben aller in diesem Gefängnis haben. In MACA wird menschliche Historie wieder auf das Grundsätzliche reduziert, auf die Anfänge, auf etwas, das man sich heute kaum noch vorstellen kann.
Dadurch wird der Film zu einem Erlebnis, das seine Schwächen hat, aber mit den Stärken genug auftrumpfen kann, um noch lange nachzuwirken. Kein Meisterwerk, aber ein Film für Cineasten, die eine Erfahrung machen wollen, die das westliche Kino praktisch kaum noch bietet
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Kommentare
Vielleicht wie eine Oper zu sehen, oder ein Theater: Die erzählte Geschichte bereits gefiltert und gestaltet. Häftlinge, die mit ballettartigen oder chormässigen Einlagen das Gehörte kommentieren. Bildstark, gewöhnungsbedürftig.
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