Cairo Conspiracy Dänemark, Finnland, Frankreich, Schweden, Türkei 2022 – 121min.

Filmkritik

Die Schattenseite der Macht

Filmkritik: Maxime Maynard

«Cairo Conspiracy» wurde bei den Filmfestspielen von Cannes 2022 mit dem Preis für das beste Drehbuch ausgezeichnet und ist ein spannender Thriller vor dem Hintergrund politischer und religiöser Korruption.

Adam (Tawfeek Barhom) stammt aus einem kleinen Dorf und ist der Sohn eines Fischers. Als herausragender Student gelingt es ihm, ein Stipendium für die renommierte Al-Azhar-Universität in Kairo zu bekommen, dem Zentrum des sunnitischen Wissens. Doch als der Grossimam am Tag des Studienbeginns stirbt, wird das gesamte System des Landes erschüttert. Um sicherzugehen, dass der Nachfolger die Ideen der Regierung teilt, entsendet die Staatssicherheit einen ihrer Agenten vor Ort.

«Tommy» im Jahr 2014, «The Nile Hilton Incident» im Jahr 2017: Der ägyptisch-schwedische Regisseur Tarik Saleh kennt sich mit Thrillern aus, ein Genre, das er erneut meisterhaft in einem fesselnden Spielfilm inszeniert. Als Kulisse für die Darstellung von Kairo: die Strassen von Istanbul, da der Filmemacher seit 2015 nicht mehr in Ägypten drehen darf. Tatsächlich hinterfragt er, der auch Drehbuchautor des Films ist, den Machthunger der Mächtigen des Landes in einem Klima ständiger Anspannung.

In «Cairo Conspiracy» greift Tarik Saleh zum dritten Mal auf das Können des libanesisch-schwedischen Schauspielers Fares Fares zurück und bietet ihm eine massgeschneiderte Rolle als Spezialagent für die Staatssicherheit. Ihm gegenüber steht der junge Tawfeek Barhom, der mit einer wunderbaren Direktheit den gesamten Film auf seinen Schultern trägt. Als unbestrittener Star spielt er mit Unschuld und Kraft den liebenswerten Sohn eines Fischers, der in einer überfordernden Situation gefangen ist.

Durch das Wechselspiel der Kontraste werden die Fülle und die religiöse Aura der Al-Azhar-Universität ständig mit dem umgebenden städtischen Chaos konfrontiert, das die ständigen Konflikte zwischen zwei Mächten illustriert und eine aktuelle Realität widerspiegelt. Der Kameramann Pierre Aïm («La Haine», «Poliezei») begeistert mit seiner beeindruckenden Kunstfertigkeit. Ein Genie, mit dem Tarik Saleh bereits in seinen beiden vorherigen Filmen zusammengearbeitet hatte.

Die kunstvoll konstruierten Sequenzen in Totalen umfassen die Menschenmassen und schaffen so eine beängstigende Atmosphäre, die behutsam aufgebaut wird. Mit grossem Geschick setzt sich Tarik Saleh mit der Politik und der Religion des Landes auseinander und präsentiert ein aufregendes Werk mit allgegenwärtiger Spannung und einer erdrückenden Atmosphäre, die uns bis zur letzten Minute in Atem hält. Ein voller Erfolg.

Übersetzung aus dem Französischen durch Maria Engler

05.04.2023

4

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Kommentare

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güx

vor einem Jahr

Starker Film.
Er lässt sich viel Zeit, die Geschichte zu erzählen, was ich positiv und nie langweilg fand.
Eindrückliche Bilder und atmosphärische Musik. Plus ein toller Hauptdarsteller, der die Rolle zu leben und nicht „nur“ zu spielen scheint.

Zuletzt geändert vor einem Jahr


thomasmarkus

vor einem Jahr

Das Schwert der Macht ist eine zweischneidige Sache - und die Parteien sind nicht einfach nur schwar weiss gezeichnet. Die 'dunkle Seite der Macht' hat argumentativ doch auch ein bitzzli für sich; die 'gute' Seite arbeitet fragwürdig, fies, opportun. Wie kann aus den Fängen geraten, wer hier 'schuldlos' rein geschlittert ist?

Auch als ZuschauerIn zerrissen: in Erinnerung an den arabischen Frühling, und wie er gekappt wurde durch Integristen. Nicht ganz unglücklich nicht, wenn ein Al Sissi die Reissleine zieht? Aber dann Fesslen anlegt, die einschneidender als je zuvor?
Nicht untypisch, dass es keine Innenaufnahmen der Al Azhar gibt. Wäre ein anderer Moscheetyp als die osmanische Zentralkuppelmoschee.Mehr anzeigen


mfo

vor einem Jahr

Ein fantastischer Film


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