Die Unschärferelation der Liebe Deutschland 2023 – 92min.
Filmkritik
Wenn das Leben Überraschungen parat hält …
«Die Unschärferelation der Liebe» adaptiert das Theaterstück von Simon Stephens aus dem Jahr 2015 – der Film erzählt von einem Mann und einer Frau, die sich im fortgeschrittenen Alter näherkommen.
Ein Moment, wie er selten passiert: Greta haucht Alexander an der Bushaltestelle einen Kuss in den Nacken. Aber beide kennen sich gar nicht. Sie schiebt es auf eine Verwechslung, aber eigentlich möchte sie Alexander kennenlernen. Sie folgt ihm und redet auf ihn ein, er schüttelt sie irgendwann ab. Ein paar Tage später steht sie jedoch in seiner Metzgerei – sie hat ihn gegoogelt und so den Laden gefunden. Aber eine Stalkerin ist sie nicht. Ein bisschen vielleicht, sagt sie, aber sie möchte sich so gerne weiter mit ihm unterhalten. Alexander ist irritiert, aber auch fasziniert von der Frau, die so extrem ungewöhnlich ist.
«Die Unschärferelation der Liebe» ist ein Melodram. Emotional, ehrlich, aussergewöhnlich – weil es Menschen wie Greta nicht so häufig gibt. Der Titel bezieht sich auf die Heisenbergsche Unschärferelation, die auf eine Romanze angewandt besagt, dass sich die Wahrnehmung von Menschen und Beziehungen ändert, je mehr man voneinander erfährt. Soll heissen: Irrationales Handeln kann durchaus sinnig erscheinen und was man glaubt, ist nicht unbedingt wahr. Das übertrug Stephens auf sein Stück und findet sich nun auch im Film mit Burghart Klaußner und Caroline Peters.
Die Handlung wird von London nach Berlin verlegt, an der Essenz ändert das nichts. Der Film lebt von den pointierten und spritzigen Dialogen, aber auch von den beiden Hauptdarstellenden, die so herrliche Extreme spielen: Der eine alt und im Alltagstrott gefangen, die andere exaltiert und lebenslustig. Eine Frau, die nie zum Stillstand kommt, und ihn dabei mitreisst.
Die Botschaft ist klar: Sich auch im Alter nicht vor Neuem zu verschliessen, das Leben zu packen, wann und wo es geht, und jeden Atemzug dabei zu geniessen. Der Film hat reichlich Witz, aber auch Gefühl. Mitunter gleitet er etwas zu sehr ins Melodramatische ab, aber das schmälert kaum den Filmgenuss. Weil es zu vergnüglich ist, den beiden Hauptfiguren beim umeinander Tänzeln zuzusehen.
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