Kritik13. November 2024 Cineman Redaktion
Filmkritik: «Gladiator II»: Ende der Show
24 Jahre nach dem ersten «Gladiator»-Film legt der unermüdliche Ridley Scott eine Fortsetzung vor, die es schwer hat, den Höhenflug des Originals zu erreichen.
von Colin Schwab; übersetzt aus dem Französischen
Nach einer Invasion des Königreichs Numidien durch römische Kriegstruppen wird Julius (Paul Mescal) versklavt. Um seine Freiheit wiederzuerlangen, wird er gezwungen, als Gladiator zu kämpfen. Als gewandter und hitziger Krieger begeistern seine Kampffähigkeiten schnell die Menschen in der Ewigen Stadt. Bald wird er zu einem Symbol der Hoffnung: der Hoffnung, dass es ihm gelingen wird, eine Stadt wieder auf Kurs zu bringen, die kurz vor dem Zusammenbruch steht und von zwei machthungrigen Kaisern (Joseph Quinn, Fred Hechinger) korrumpiert und zersetzt wurde.
Der neue Film unterscheidet sich vom ersten hauptsächlich dadurch, dass er den Arenakämpfen weniger Bedeutung beimisst. Obwohl sie nach wie vor eine grosse Rolle spielen, nehmen sie weniger Screentime ein und sind vor allem weniger wichtig für die Handlung, da sie nicht der Ort sind, an dem sich die erzählerischen Spannungen auflösen. Im Kontext der Geschichte von Julius macht diese Entfernung von der Arena Sinn.
Das Rom, das uns hier präsentiert wird, steht kurz vor dem Zusammenbruch und ist Schauplatz ständiger gewaltsamer politischer Umwälzungen. Der gesellschaftliche und politische Kontext ist nicht mehr angemessen und zu instabil, um eine solche Art der Massenunterhaltung zuzulassen. Vor allem aber finden die blutigen und spektakulären Auseinandersetzungen nicht mehr nur im Zentrum des Kolosseums statt, sondern auch auf den Rängen und in den Strassen der Stadt. Der Film braucht keine Arena, um das gewalttätige Spektakel zu schaffen, das er uns bieten will.
Bedauerlicherweise sind diese Momente auch deshalb weniger ausschlaggebend, weil es «Gladiator II» schwerfällt, wirklich starke, einprägsame Momente zu schaffen. Das liegt vor allem am Schnitt: Sowohl innerhalb der Szenen als auch in der Abfolge der Sequenzen ist der Rhythmus des Films sehr konstant und lässt nur wenige Variationen zu – kaum echte Momente des Innehaltens oder der Stille. Der Film wechselt von einer Szene zur nächsten in einem stabilen Informationsfluss, der jedes Ereignis auf die gleiche Ebene stellt und keines besonders hervorhebt. So erscheinen der Eintritt in das Kolosseum und der erste Kampf, der dort stattfindet, völlig unbedeutend.
Das Tempo wird nicht gedrosselt, um die Aufmerksamkeit des Publikums nicht zu verlieren. Die Aufmerksamkeit wird jedoch durch nichts gehalten. Der Film fühlt sich an wie eine glatte Oberfläche, die man mit der Hand berührt, ohne ein Gefühl dafür zu entwickeln, was der Film eigentlich bietet. Der Herzschlag bleibt flach, obwohl die Szenen voller Gewalt sind und immer expliziter werden.
Der Film vermittelt oftmals den Eindruck, einem doppelten Zusammenbruch beizuwohnen: dem der ewigen Stadt, aber auch dem eines spektakulären Kinos, das nicht mehr weiss, wie man ein Spektakel veranstaltet. Sind diese Art von Big-Budget-Produktionen, die auf Fortsetzungen und Rentabilität fixiert sind, an ihre Grenzen gestossen? Erfordert unser zeitgenössischer Kontext, der ebenso kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen scheint wie die Stadt des Films, nicht auch eine Erneuerung der Art und Weise, wie er zur Schau gestellt wird?
2.5 von 5 ★
«Gladiator II» ist ab dem 14. November 2024 im Kino zu sehen.
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