Filmkritik
Blutbad mit Beni Thurnheer
Im Wald wird eine Frau hingerichtet. Bald darauf eine zweite auf offener Strasse. Polizeisirenen, Ambulanzen, Knarren und Blutlachen - das sind nicht genau die Dinge, die man vom Schweizer Film gewöhnt ist; das ist nicht die Art von Action, bei der sich die Leute in Schweizerdeutsch anschreien. In "Exklusiv" tun sie es. Schuld daran ist ein 27-jähriger Regisseur, der trotz dem Desinteresse der öffentlichen Filmförderer auf dem Actionkino Eigenbedarf anmeldet: In Zürichs Strassen fliesst Blut.
Es ist wie beim Fussball: Nimmt die Nati an der WM teil, sind wir stolz, auch wenn sie gleich wieder ausscheidet. Ähnlich geht es uns mit einem Schweizer Film, der sich in die Liga des Action-Genres hineinmogelt. Freilich, es gab einige Eigentore (Drehbuch), ein paar Verwarnungen für gefährliches Spiel (Darsteller), und der Penalty für die Musik war wohl auch gerechtfertigt. Aber war es nicht schön, dabei gewesen zu sein?
Der Auftritt von Beni Thurnheer dauert ein paar Sekunden, derjenige von Ueli Schmezer eine Minute, und auch Beat Schlatter spielt nur eine Mini-Rolle. Die wichtigen Charaktere sind von Unbekannten besetzt, aber ein bisschen Prominenz auf Plakaten und in den Titeln von Filmbesprechungen dürften der Vermarktung des Films nicht schaden. Überhaupt zeugt die ganze Produktion - der Film wurde vollständig über Sponsoring finanziert - und die Marketingstrategien nicht nur von Ambition, sondern auch von einer gewissen unverfrorenen Raffinesse, die alles Reisserische der Promotion erst noch immer aus dem Inhalt rechtfertigen kann, nämlich durch das Milieu, in welchem der Film spielt: "Exklusiv" ist der Name einer fiktiven Schweizer Boulevardzeitung. Mike Bärtschi (Martin Rapold) ist einer ihrer Skandal-Reporter, Bernhard Kauter (Daniel Bill) sein Fotograf. Scheinbar zufällig werden die beiden Augenzeugen eines Mordes, der sich vor dem Redaktionsgebäude ereignet. Dass es eben kein Zufall war, wird dem Reporter nach und nach bewusst, als der Mörder ihm in anonymen Telefonanrufen weitere Bluttaten ankündigt.
Hinter «Exklusiv» stehen der 27jährige Schweizer Regisseur Florian Froschmayer und der Produzent Lukas Hobi. Hinter der Kamera stand Pascal Walder, der junge Co-Regisseur von Nacht der Gaukler, jenem Schwarzweissfilm, mit dem vor zwei Jahren ein paar junge Zürcher Furore machten, unter anderem weil auch sie ihren Film ganz ohne Geld aus öffentlicher Hand produziert hatten.
Dass Froschmayer vor drei Jahren die Aufnahmeprüfung der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen nicht bestanden hat, sollte nicht überbewertet werden. Derlei wird gern erwähnt, weil Kubrick ein mässiger Schüler war und Einstein das Gymi nicht schaffte etc. Es ist aber so, dass die Durchfallquote an europäischen Filmschulen etwa bei 95% liegt, und also gibt es zu viele von der Sorte, als dass sie bloss aus einer solchen Ablehnung Genie ableiten könnten. Was dem Film fehlt, kann man aber ohnehin an keiner Filmschule lernen. Die technischen Aspekte haben die Macher von "Exklusiv" ziemlich professionell gelöst. Die Filmmusik z.B. liess man von den Prager Philharmonikern einspielen, was aber eben nichts über die Qualität der Komposition besagt. Schade dünkt mich, dass das Draufgängertum, das für eine solche Produktion in der Schweiz auf alle Fälle notwendig ist, sich nicht mit einem Minimum an inhaltlichem oder formalem Wagnis gepaart hat. "Exklusiv" sieht innen und aussen so aus wie eine mittelmässige Folge von "Eurocops", und dafür gehen wir üblicherweise nicht ins Kino.
Der Film ist andererseits aber deutlich besser, als Subzonic's fürchterlicher Titelsong «Titelgschicht» vermuten liesse, den man jetzt ab und zu aus dem Radio herausplärren hört, und mit dem die Band unbegreiflicherweise sogar an unseren Hauswänden hausieren geht.
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