The Hurricane USA 1999 – 125min.

Filmkritik

Ein Leben hinter Gittern und Seilen

Serge Zehnder
Filmkritik: Serge Zehnder

Unter den Film-Metaphern für den Lauf des Lebens gehören die Bilder aus dem Boxring zu den beliebtesten. In der jüngsten Runde schlägt sich Denzel Washington, eben noch bettlägerig in The Bone Collector, mit einer oscar-nominierten Leistung als Prügelknabe des Rassimus durch vier Jahrzehnte. Sein "Don King" ist Routinier Norman Jewison, der Regisseur von "In the Heat of the Night" und "Jesus Christ Superstar".

Schon als Teenager findet Rubin Carter (Denzel Washington) seinen Widerpart im rassistischen Polizisten Della Pesca (Dan Hedaya). Der Gesetzeshüter wird Carters weiteres Schicksal massgeblich bestimmen. Jede seiner Aktionen provoziert eine Reaktion des schwarzen Jungen, und eine von ihnen bringt diesen schliesslich hinter Gitter. Zwar flieht er aus der Jugendstrafanstalt in die Armee und entwickelt sich zum Boxer, doch nach seiner Dienstentlassung wandert er für das alte Delikt erneut ins Gefängnis. Als er wieder rauskommt, ist Carter bereits dreissig. Er beginnt eine höchst erfolgreiche Karriere als Profiboxer "Hurricane", die1964 abrupt endet: Er wird unschuldig wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.

Hier beendet Regisseur Jewison den biographischen Teil und wechselt die Erzählperspektive: Ein schwarzer Teenager (Vicellous Rheon Shannon), der bei kanadischen Umweltschützern lebt, stösst auf "The Sixteenth Round", jenes Buch, das der glücklose Boxer während seiner Haft geschrieben hat. Unmittelbar von dem Inhalt berührt, beschliesst der Junge mit dem Autor Kontakt aufzunehmen. In der Begegnung zwischen den beiden ungleichen Menschen zeigt sich Jewisons grosse Kunst der Schauspielerführung, die er trotz seiner jüngsten filmischen Abstürze (Other People's Money, Only You oder Bogus) offenbar doch noch nicht verlernt hat. Bei aller Genauigkeit im Detail verliert er aber auch nie den Überblick über das Ganze und verwebt seine verschiedenen Themen - das Boxen, das Gefängnis, die Vater-Sohn-Beziehung und das Gerichtsdrama - so elegant ineinander, dass einem auch der ständige Lokalitätenwechsel nur als Symtom eines ganz natürlichen Handlungsablaufs erscheint.

Daneben sind einige dramaturgische Stolpersteine nicht zu übersehen. Aus den kanadischen Greenpeace-Aktivisten werden zum Beispiel etwas gar plötzlich Detektive. Das mag zwar durchaus seine Legitimation in der historischen Vorlage des realen Rubin "Hurricane" Carter haben, doch dass die Realität immer der beste Dramaturgielieferantin sei, darf durchaus bezweifelt werden. Die Konstante in diesem Auf und Ab bildet Denzel Washington, dessen Leistung in Berlin verdientermassen mit einem silbernen Bären womöglich am 26. März auch noch mit einem Oscar belohnt wird (Haben Sie schon getippt?) Solche Aussichten hat Regisseur Jewison zwar nicht, doch nach seiner Dürreperiode in den 90er-Jahren hat er sich mit diesem Bio-Pic definitiv als Altmeister rehabilitiert. Es mag 1999 bessere Filme gegeben haben, doch gegen flüssig vorgetragenes Erzählkino ist nichts einzuwinden, und in dieser Kategorie steigt "The Hurricane" als Sieger nach Punkten aus dem Ring.

22.07.2011

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

gute musik auch... bob dylan!!!


movie world filip

vor 12 Jahren

starke leistung von trainierte denzel.. stilvoll in bild gebracht


mamama

vor 17 Jahren

stimmts, du hast diesen Film am Donnerstag auf sf 2 angeckuckt. Ich möchte mir ihn auch ansehen, habe ihn verpasst, gehe in die Bibilothek. Ist die handlung eigentlich sehr brutal? Oder wird es einfach eindrücklich gespielt? Wenn ich den Film gesehen habe, werde ich ihn auch bewerten.


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