James Bond - Die Welt ist nicht genug Grossbritannien, USA 1999 – 128min.

Filmkritik

Die Welt ist nicht genug

Filmkritik: Martin Glauser

Deshalb also wollen die Australier keine Republik! Im Geheimdienst ihrer Majestät, der Königin von Grossbritannien, steht immer noch der coolste und bestgekleidete Top-Agent der Welt und rettet diese jetzt zum 19. Mal vor dem Bösen. Ja, im Reich des Spionagefilms ist das britische Empire immer noch Weltmacht!

Wenns nicht kaputt ist, dann flicks nicht, sagt der Engländer, und den Machern von "The World Is Not Enough" wäre es natürlich nicht im Traum eingefallen, jene Formel zu verändern, die James Bond seit 1962 zur erfolgreichsten Leinwand-Serie aller Zeiten macht. Diese Welt war bisher nämlich noch immer genug, und sie besteht auch diesmal im wesentlichen aus folgendem:

1. Action-Szenen mit dem gewissen Dreh: Einige kennt man von früher, die Jagd mit den Schnellbooten etwa, oder auf Skiern den Berg hinunter, diesmal auf der Flucht vor schwer bewaffneten Hängegleitern. Andere sind neu, wie die rasante Fahrt durch eine leere Öl-Pipeline, auf einem Gefährt mit einem scharfen Nuklearsprengkopf und einer noch schärferen Atomphysikerin.

2. Bond-Girls: In der Regel zwei, ein gutes und ein böses, doch das klärt sich oft erst gegen Ende des Films. Wir wollen daher nicht verraten, ob die gallische Nymphe Sophie Marceau wirklich jenes gefährdete Wesen ist, zu dessen Schutz M ihren besten Mann nach Aserbaidschan abkommandiert. Ob Denise Richards gut oder böse ist, ist ohnehin eine philosophische Frage. Das unwahrscheinlich aussehende Luxusgeschöpf, das unser Wertesystem schon in Starship Troopers und Wild Things zum Erzittern brachte, spielt eine Atomphysikerin in Khaki-Shorts und bauchfreiem T-Shirt. Letzteres wird später im U-Boot eine gute Gelegenheit bekommen, nass zu werden.

3. Ein megalomanischer Bösewicht: Robert Carlyle, der Stripper aus The Full Monty, spielt Renard, den Oberschurken, in dessen Gehirn unentfernbar eine Gewehrkugel feststeckt, die ihn zwar langsam tötet, aber zunächst bloss schmerzunempfindlich macht. Er hat Ungutes im Sinn mit einem gewissen Atomsprengkopf.

4. M, Q und das ganze Alphabet der Selbstironie: Denn natürlich ist Bond schon seit langem so selbstparodistisch, dass Austin Powers eigentlich überflüssig wäre. Judie Dench gibt zum dritten Mal die autoritäre Geheimdienst-Chefin M ("I will not tolerate insubordination, 007"). Seit 1963 ist Desmond Llewelyn Bond's Gadget-Erfinder Q. Mit 85 Jahren führt er nun seinen vermutlichen Nachfolger R ein: John Cleese, der prominenteste Monty Python, eine kluge Personalpolitik!

5. Bond, James Bond: Pierce Brosnan festigt im dritten Engagement seinen Ruf als Idealbesetzung der Rolle. Dass es in den 80er-Jahren nach dem baldigen Ende der Serie aussah, war wohl nicht allein Timothy Daltons Schuld. Das Action-Genre stand unter dem Eindruck von Terminator und Die Hard. Doch mit Brosnan kam der Erfolg des britischen Oberspions wieder. Er vereinigt die Glattheit von Roger Moore mit Sean Connerys Brustbehaarung zur souveränen Bond-Version für die 90er, und er spielt diese mit genügend Schneid, um als Gegenentwurf für die gammligen US-Helden zu taugen. Vielleicht lässt sich so am besten das spezifisch andere und immer noch britische von Bond-Action beschreiben: Dort die schmuddeligen Unterleibchen, die mit jeder Szene schmutziger und blutiger werden, hier die stets tadellos sitzenden Anzüge zwischen explodierenden Helis und die britische Zurückhaltung in den unter Dauerfeuer nonchalant hingeworfenen Doppeldeutigkeiten.

Die Handlung? Nun, die gehört nicht zum Kern der Formel, schon gar nicht ihre Plausibilität. Regisseur Michael Apted ("Gorky Park") webt aus bekannten Bond-Plätzchen einen der besseren Bondfilme, es geht mehr um Form als um Inhalt, es ist mehr Pop-Kultur als das meiste, was sonst in Kinos zu sehen ist. Seit vier Dekaden dominiert England die Welt der Popmusik. Ob es ein Zufall ist, dass genau zu derselben Zeit, als der britische Beat den amerikanischen Rock'n'Roll als Massenmusik ablöste, in derselben Ex-Kolonialmacht ein Filmheld ins Leben gerufen wurde, der fürderhin beständiger als alles, wenn auch natürlich von Hollywood koproduziert, die Weltordnung bewahren sollte? Was liegt an Indien und Irland, wenn man Beatles und Bond haben kann! Eben, die Welt ist nicht genug!

10.11.2020

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 13 Jahren

schade das nur goldeneye eine recht tolle geschichte war... ich hätte gern mehr gute Bondfilmen mit Brosnan gesehen, er war recht gut


lady88

vor 21 Jahren

Der Film ist einfach gut!!!;)


algore

vor 22 Jahren

Marceau:misearbel, Bond:zu schwuchtelig, M:reingeflickt


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