Filmkritik
Sommerlieben
Am Tag, als Sybilla sich in Alexander verliebt, verliebt sich Mickey in seine Cousine Sybilla. Das sowieso nicht eben glückliche Arrangement wird dadurch kompliziert, dass Alexander Mickeys Vater ist. Die georgische Regisseurin Nana Djordjadze hat es aber nicht auf ein Drama angelegt, sondern auf eine leichte Sommergeschichte, in deren Zentrum zwei Teenager stehen, und an deren Peripherie sich alle möglichen Bewohner einer namenlosen Kleinstadt eher unpassend verlieben.
Da fühlt sich zum Beispiel die Ballerina zum Akkordeonspieler hingezogen - sehr zum Missfallen ihres Gemahls (seines Zeichens Leutnant) und ihrer Mutter. Während die gestrenge Mama sich mit Ohrfeigen begnügt, heisst der Gatte seine Mannen, die Kanonen immer wieder auf das Städtchen richten. Mickey wiederum ist wenig begeistert, als ein entfernt verwandter Opernsänger ebenfalls ein Auge auf die vierzehnjährige Sybilla wirft. Alexander ist der Ballerina ebenfalls nicht abgeneigt. Einzig ein französischer Kapitän, der mitten im Ort, weitab vom Meer, unter endlosem Philosophieren sein Schiff wieder seetauglich machen will, scheint immun gegen all die Liebesviren, die in der Luft schwirren.
Gleich zu Beginn erfährt man, dass ein Schuss aus einem Jagdgewehr daran Schuld ist, dass der Erzähler Mickey von seiner Cousine nur 27 anstatt der versprochenen hundert Küsse erhalten hat. Doch wer es in der Hand hielt und, wenn überhaupt, auf wen zielte, gibt der Film erst kurz vor Schluss preis. Welche Konsequenzen besagter Schuss hatte - oder eben nicht - zeigt sich sogar erst während des Abspanns.
Bis dahin reiht sich Szene an Szene, immer mehr Mitglieder dieser weitläufigen Familie und BewohnerInnen der verträumten Stadt tauchen auf, verlieben sich, ziehen Liebe auf sich, billigen oder missbilligen die amourösen Gefühle der anderen. Viele Fragen bleiben dabei offen. Bis zum Schluss ist nicht klar, was Sybilla überhaupt bei ihrer Tante macht und was mit ihren Eltern los ist. Spuren werden gelegt, die im Sand verlaufen. So erwähnt Mickey gleich zu Beginn, dass sich in jenem Sommer eine Sonnen- und eine Mondfinsternis ereignet haben. Weder die eine noch die andere wird wieder erwähnt; die beiden Naturereignisse sollen nichts weiter als mitteilen: Es war ein wichtiger Sommer.
Ein bisschen Ferien für alle, die daheim bleiben, ein bisschen Sonne für verregnete Tage, ein bisschen Verliebtheit, wenn man gerade Lust darauf hat - ein Sommerfilm für verregnete Abende.
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