Intimacy Frankreich, Deutschland, Spanien, Grossbritannien 2000 – 119min.

Filmkritik

Körper in Nahaufnahmen

Filmkritik: Nathalie Jancso

In seinem neuesten, an der Berlinale preisgekrönten Film thematisiert der Regisseur von "La Reine Margot" auf eindringliche Weise sexuelle Abhängigkeiten.

Ohne schlechtes Gewissen hat Jay Frau und Kinder verlassen. Jetzt lebt er allein in einer heruntergekommenen, düsteren Wohnung, wo er jeden Mittwoch Claire empfängt. Die beiden kennen sich kaum, das Einzige was sie verbindet ist der wortlose, schnelle Sex. Bis sich Jay eines Tages entschliesst Claire zu folgen. Er findet heraus, dass sie Schauspielerin ist und in einem kleinen Vorstadttheater in Tennessee Williams' "The Glass Menagerie" auftritt. Jay setzt sich ins Publikum und lernt in der Pause einen Taxichauffeur namens Andy kennen. Wie sich bald herausstellt ist Andy Claires Ehemann...

"Intimacy" ist ein französischer Film, der auf englisch in London gedreht wurde, was laut Regisseur Patrice Chereau ("La Reine Margot") jedoch keine kommerziellen Gründe hatte. Die Geschichte hat er gemeinsam mit dem englischen Schriftsteller und Drehbuchautor Hanif Kureishi ("My Beautiful Laundrette", "Sammy And Rosie Get Laid") aus verschiedenen Kurzgeschichten Kureishis entwickelt. Sie erzählen darin von zwei einsamen Grossstadtmenschen, die unfähig sind, auf andere Weise zu kommunizieren als durch Sex. Doch für ihn, Jay, wird es mit der Zeit zusehends schwieriger, eine Grenze zwischen körperlicher Hingabe und tieferen Gefühlen zu ziehen. Der Reiz des Anonymen wird langsam aber sicher von einer verzweifelten Neugier auf die Person Claire, die im Innern dieses weiblichen Körpers steckt, abgelöst.

Der Regisseur verstärkt den intimen und doch unpersönlichen Charakter der wöchentlichen Begegnungen durch den virtuosen Gebrauch der Handkamera, die seinen Protagonisten nahe kommt, ohne je aufdringlich zu wirken. Er beobachtet beinahe distanziert und verstärkt den manchmal etwas gar unterkühlten Eindruck des Films durch ein realistisches Setting bar jeder Verschnörkelung. Kaum je wurde der Liebesakt in einem Film auf so kompromisslose Weise dargestellt, ohne dabei provokativ oder gar voyeuristisch zu wirken. Neben den beiden grandiosen Hauptdarstellern Kerry Fox und Mark Rylance spielt die Sängerin Marianne Faithful eine Nebenrolle. Der Film wurde an der Berlinale 2001 mit dem Goldenen Bären für den besten Film und Kerry Fox mit dem Silbernen Bären als beste weibliche Hauptdarstellerin ausgezeichnet.

10.11.2020

3

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Kommentare

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nstoeb

vor 23 Jahren

schockierend, doch realistisch


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