Nurse Betty Deutschland, USA 2000 – 108min.

Filmkritik

Von Berufskillern und Chefärzten

Serge Zehnder
Filmkritik: Serge Zehnder

Eine Frau macht sich auf die Suche nach ihrem Fernseh-Geliebten, auf ihren Fersen zwei Profikiller. Renée Zellweger, Morgan Freeman und Chris Rock zeigen sich in dieser manchmal heiteren, manchmal bösen Fabel um die Identitätsuche einer junge Frau von ihrer besten Seite. Und Regisseur Neal LaBute tritt mit seinem dritten Film definitiv in den Mainstream-Bereich, ohne jedoch seine Handschrift zu verlieren.

"A Reason to Love" heisst die Arzt-Soap, welche die Kellnerin Betty (Renée Zellweger) mit Inbrunst verfolgt. In dieser fiktiven Welt von gutaussehenden, aber spröden Ärzten fühlt sich die junge Ehefrau zu Hause. Ihr eigener Ehemann Del (Aaron Eckhardt "Erin Brockovich") ist ihr nicht treu und er ist auch kein Arzt.

Sondern ein schmuddeliger Autohändler. Die Profikiller Charlie (Morgan Freeman) und Wesley (Chris Rock) statten ihm einen professionellen Besuch ab. Als Zeugin der Bluttat bleibt Betty mit einem Trauma zurück, und verspürt von nun an nur noch einen Impuls: Sie will ihren Fernsehhelden Dr. David Ravell (Greg Kinnear) in Los Angeles aufzusuchen und ihm ihre Liebe gestehen. Dass ihr zwei Killer auf den Fersen sind, geht komplett an der Träumerin vorbei.

Soweit hört sich ja alles verhältnismässig konventionell an. In den Grundzügen eine Komödie, nehmen die Autoren und besonders Regisseur Neil LaBute ihr Material jedoch ernst genug, um sich gelegentlich auch der Brutalität der beiden Profikiller zu widmen.

LaBute, dessen bisherige Filme ("In the Company of Men", "Your Friends & Neighbours") den Weg in unsere Kinos nicht fanden, wurde mit "Nurse Betty" inhaltlich etwas zahmer, trifft aber formal dennoch direkt ins Schwarze. Betty will ihren verlorenen Ehemann durch einen fiktiven ersetzen. An ihren kleinstädtischen Idealen schärft die Komödie ihren Witz allmählich zur Charakterstudie, welche bei genauerem Hinsehen immer schon zwischen den Zeilen des Drehbuchs hervorgeblinzelt hatte.

Chris Rock, Morgan Freeman und Renée Zellweger bilden ein etwas ungewöhnliches Ensemble, das nur zu einem ungewöhnlichen Projekt zusammen kommen konnte. Zellweger, die zur Zeit auch in "Me, Myself & Irene" glänzt, hat in Betty ihre wohl beste Rolle seit "Jerry Maguire" gefunden. Mit einer Mischung aus Schüchternheit und wilder Entschlossenheit findet sie die richtigen Töne, um die Figur weder unglaubwürdig übergeschnappt noch provinziell doof zu gestalten. Gleiches gilt auch für Freeman und Rock, die Profikiller, die in ihren verbalen Schlagabtäuschen Verwandte von Tarantinos Pulp Fiction-Lohnschiessern sein könnten, im Verlaufe der Geschichte aber zum Erstaunen des Zuschauers gänzlich andere Routen einschlagen. Schauspielerisch stehen sich die beiden auf jeden Fall in nichts nach. Besonders für Rock ist es die erste Rolle, in der er seine Stand-Up-Routinen bei Seite schiebt, um einen komplett eigenständigen Charakter zu verkörpern. Für Zellweger ist "Nurse Betty" die Bestätigung, dass sie einen Film alleine zu tragen tragen vermag und nicht auf Männer vom Kaliber Cruise oder Carrey angewiesen ist.

17.02.2021

4

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