Die Schwarze Tafel Iran, Italien, Japan 2000 – 84min.

Filmkritik

Lehrer auf Wanderschaft

Filmkritik: Corinne Ammann

Auf ihren Rücken tragen ein paar wandernde Lehrer die titelgebenden schwarzen Wandtafeln durch die karge Landschaft des iranisch-irakischen Grenzgebietes. Heimatlosigkeit und Hoffnungslosigkeit sind die Themen von Samira Makhmalbafs zweitem Spielfilm. Der erschütternd karge Film, der nur entfernt an den verspielt dokumentarischen Realismus ihres Erstlings "La pomme" erinnert, wurde letztes Jahr in Cannes verdienterweise mit dem Preis der Jury ausgezeichnet.

Die Protagonisten von Makhmalbafs Film sind zwei wandernde Lehrer, Reeboir und Said, die mit ihren Wandtafeln durch die wunderbare und karge Landschaft des iranisch-irakischen Grenzgebietes ziehen. Die lehmfarbene Bergwelt bildet den passenden Hintergrund zu "Le tableau noir". Ihre öde Gleichförmigkeit trägt zum Gefühl der Orientierungslosigkeit bei, von dem alle im Film vorkommenden Figuren befallen sind. Auf ihren Wanderungen treffen die beiden Lehrer auf feindselige Dorfbewohner, verzweifelte Flüchtlinge und eine Gruppe jugendlicher Schmuggler, von denen niemand gross daran interessiert ist, lesen und schreiben zu lernen. Ihre existentiellen Nöte sind wirkungsvoll kontrastiert mit dem wertvollen aber plötzlich absurd anmutenden Idealismus der Lehrer. Die Wandtafeln, Symbol dieses Idealismus, werden im Verlauf des Films zu den verschiedensten Zwecken verwendet (als Bahre, Türe, Schutzschild und Brautpreis), doch kaum je als Wandtafel.

Für die Dreharbeiten begab sich die erst 20-jährige Regisseurin in den kurdischen Nordiran in der Nähe der Stadt Halabcheh, deren Bewohner irakische Giftgasangriffe erlebt haben. Mit Ausnahme von zwei professionellen Schauspielern arbeitete sie ausschliesslich mit Laien. Das Resultat wurde am letztjährigen Filmfestival in Cannes mit dem Preis der Jury ausgezeichnet.

Mit "Takhte Siah - Le tableau noir" distanziert sich Makhmalbaf vom verspielten Dokumentarismus, den ihren Erstling "La pomme" und so viele andere iranische Filme auszeichnet. Der sanfte Humanismus dieser Filme geht "Le tableau noir" fast ganz ab; nur in ganz kleinen Details leuchtet ab und zu etwas versöhnliche Menschlichkeit auf. Der Film ist in vielerlei Hinsicht nicht minder karg und unerbittlich als die bergige Landschaft, in der er spielt. Makhmalbaf zeichnet ein eindrückliches Bild einer Welt, der jede Logik abgeht und verzichtet konsequenterweise auf politische und soziale Erklärungen. Der aufklärerische Impuls der Lehrer versickert in der trockenen Trostlosigkeit und es bleibt nichts als Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. "Takhte Siah - Le tableau noir" ist eine künstlerisch ausgereifte Darstellung dieser zu zutiefst menschlichen Themen, aber auch ein bedrückend trostloser Film.

07.08.2001

4

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