CH.FILM

Birthday Deutschland, Schweiz 2001 – 80min.

Filmkritik

Vier Geburtstage und ein Todesfall

Severin Müri
Filmkritik: Severin Müri

Vier Freunde werden 120 Jahre alt – zusammen. Vor neun Jahren gingen sie auseinander. Nun wollen sie sich jeweils zu ihrem 30. Geburtstag wieder treffen. Vier Geburtstage und ein Todesfall - Denn mit dreissig ist Schluss!

Vergnügt steigen Harald (Harald Koch), Claudio (Claudio Caiolo) sowie die hochschwangere Tamara (Tamara Simunovic) die Stufen des Treppenhauses hinauf. Sie wollen Bibiana (Bibiana Beglau) besuchen, um ihren Geburtstag zu feiern. Doch die Tür bleibt verschlossen. Nachdem sie sich Zutritt zur Wohnung verschafft haben, finden die Freunde Bibiana benommen auf dem Fussboden liegen. Sie hat Tabletten geschluckt. Denn ein Leben nach dreissig kann sie sich kategorisch nicht vorstellen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Bibiana muss ins nächste Krankenhaus gebracht werden. Doch ausgerechnet heute sind die Strassen Berlins wegen der Love-Parade verstopft.

Rückblickend werden die Geburtstage der drei anderen gefeiert. Harald ist der Älteste. Tamara sah er seit der Trennung vor neun Jahren nur selten, Claudio gar nie. Mit Bibiana allerdings pflegte er einen Briefwechsel, in dem sie ihm ihr Vorhaben, sich an ihrem Geburtstag umzubringen, schon früh mitteilte. Er versuchte stets gegen ihren Entschluss anzukämpfen. Tatsächlich kommen alle zu seinem Geburtstag - Claudio extra aus Italien. Neun Jahre lang haben sie sich nicht gesehen, doch innert kürzester Zeit ist alles wieder wie früher. Die vier Freunde sind eine Einheit, die absolut keine Eindringlinge duldet. Auf Harald folgt Tamara. Ihr Geburtstag endet in einer Schlägerei. Claudio schliesslich entführt seine Freunde ins sonnige Italien. Dabei erhält der Zuschauer immer tiefere Einblicke in die Beziehungen der Figuren zueinander.

Mit "Birthday" erfüllt sich der Schweizer Regisseur Stefan Jäger den Wunsch, einen kleinen und intimen Film zu seinem eigenen 30. Geburtstag zu realisieren. Seine vier Hauptdarsteller kennt er seit längerem. Sie sind Freunde von ihm. Untereinander jedoch kannten sich die Schauspieler bisher nicht. Trotzdem hat man im Film das Gefühl, es bestehe eine tiefe Vertrautheit zwischen ihnen. Jäger inszeniert seinen Film ohne Drehbuch. Zwar sind klare Strukturen vorgegeben, die Dialoge allerdings sind grösstenteils improvisiert. Was vermutlich leicht hätte schief gehen könnte, trifft dank den herausragenden Leistungen der Schauspieler direkt ins Schwarze.

Selten brachte ein Film Emotionen echter rüber als "Birthday". Der Film verzichtet auf zahlreiche künstliche Elemente, die typisch Hollywood wären. So ist die Ausleuchtung der Räumlichkeiten nicht immer perfekt, die Kamera wackelt bisweilen, das Bild wird aber nicht durch überflüssige Filter verfälscht. Was Jäger zeigt, scheint echt zu sein. Auf diese Weise fühlt man sich viel näher bei den Schauspielern. Diese wirken nicht zuletzt so tiefgründig, da ihre eigenen Biografien mit denen der Charaktere verschmelzen. Stefan Jäger spielt damit, dass der Zuschauer nie genau weiss, wo die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Schauspiel liegen. So stimmen Vornamen im realen Leben wie im Film überein. Daneben vermag der Film auch mit seinen Bildern zu überzeugen. Diese entfalten ihre ganze Pracht vor allem an Claudios Geburtstag. Sonnenuntergang und Meer bieten herrliche Hintergründe für die Handlung. "Birthday" ist als Experiment wirklich gelungen. Ein Film über das Leben mitten aus dem Leben.

15.02.2024

4

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Kommentare

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fosz

vor 22 Jahren

interessant


tessa

vor 22 Jahren

langweilig


guegi75

vor 22 Jahren

lebensecht und trotzdem unterhaltend


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