Iris Grossbritannien, USA 2001 – 90min.

Filmkritik

Vom Kampf gegen das Vergessen

Filmkritik: Remo Bräuchi

Und wieder ist das Leben eines Genies verfilmt worden. Nach Ron Howards Rührstück "A beautiful Mind" ist nun das Leben der 1999 verstorbene englischen Schriftstellerin Iris Murdoch Thema eines neuen Films. Judi Dench und Kate Winslet spielen die gefeierte Literatin in den Hauptrollen. Jim Broadbent wurde für seine Rolle des aufopfernden Ehemannes mit dem Golden Globe und dem Oscar als bester Nebendarsteller ausgezeichnet.

Die gefeierte Schriftstellerin und Denkerin Iris Murdoch ist seit mehr als 40 Jahren mit dem Literaturkritiker John Bayley verheiratet. Schon in den frühen Tagen ihrer Beziehung war sie diejenige, die das Sagen hatte. John stand stets in ihrem Schatten und musste akzeptieren, dass Iris ihre Freiheit auch mit anderen Männern und Frauen auslebte. Und doch blieben die beiden ein Paar und wuchsen im Lauf der Jahre immer näher zusammen. Bis zu jenem schicksalhaften Tag im Jahr 1997, als ihre Dynamik auf den Kopf gestellt und die Beziehung der schwersten Belastungsprobe überhaupt ausgesetzt wird: Die Ärzte diagnostizieren bei Iris Alzheimer. Doch John ist nicht bereit, die Liebe seines Lebens kampflos aufzugeben.

Im Zusammenhang mit "A beautiful Mind" ist in letzter Zeit viel geschrieben worden über berühmte Genies und die (freie) Verfilmung von deren Lebensgeschichten. "A beautiful Mind" kam dabei schlecht weg. "Iris" geht es nun etwas besser. Der renommierte Theaterregisseur Richard Eyre verzichtet darauf, Iris Murdochs Lebensgeschichte chronologisch zu erzählen und wählt stattdessen Rückblenden, um uns das Leben der Schriftstellerin näherzubringen. Ähnlich wie bei Erinnerungen, die durch eine Situation, einen Gedanken, die Begegnung mit einem Menschen hochkommen, lässt er in geschickt platzierten Momenten, Iris Murdoch sich an ihre Jugend erinnern. Oft dreht er dabei die Zeit fast unmerklich zurück und es wird einem klar, wie gut Kate Winslet und Judi Dench harmonieren, obwohl sie nie zusammen auf der Leinwand zu sehen sind.

Leider versäumt es Eyre jedoch, den Film visuell interessant zu gestalten. "Iris" wirkt zu Beginn genauso eng und räumlich begrenzt wie am Ende, als die Welt der Schriftstellerin sich bereits auf den Raum ihrer vier Wände reduziert hat. Es ist schade, dass ihre freizügige Denkweise in ihrer Jugend nicht besser hat umgesetzt werden können.

Am Ende ist es allein den beiden grossartigen Schauspielerinnen Judi Dench und Kate Winslet zu verdanken, dass der Film nicht enttäuscht. Winslet hat es dabei als Murdoch in jungen Jahren etwas leichter, ihre Iris Murdoch ist unbelastet, freizügig und lebenshungrig, voller Durst nach Wissen. Judi Denchs Murdoch kurz vor und während ihrer Krankheit blickt auf ein erfolgreiches, nicht immer leichtes Leben zurück. Sie erkennt früh, dass dies die letzte Herausforderung ihres Lebens sein wird und stellt sich ihr mit Würde. Der Film ist zweifellos in jenen Augenblicken am beeindruckendsten, in denen Iris sich bewusst wird, wie ihr Verstand sie langsam im Stich lässt, sie, deren ganzes Leben sich um Gedanken und Ideen gedreht hat. Judi Denchs Interpretation eines hoffnungslosen Kampf gegen das Vergessen gehört zum Besten, was seit langem im Kino zu sehen war.

Regisseur Richard Eyre hatte sich als Ziel gesetzt, einen Film über Iris Murdoch zu drehen, der auch Menschen berühren kann, die noch nie von der Schriftstellerin gehört haben. Dies ist ihm gelungen. Aber soviel mehr wäre möglich gewesen.

10.11.2020

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

starke dench und winslet in ein peinliche geschichte über alzheimer


fosz

vor 22 Jahren

umwerfend geil.


iriszaho

vor 22 Jahren

sehr gut gespielt und eindrücklich


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