Filmkritik
Die Suche nach dir selbst beginnt in L.A.
Ein Mann, eine orange Sonnenbrille, ein Auto: "L.A. X". Ein Mann und sein Auto suchen nach ihrer Identität. Der neue Froschmayer!
Martin Rapold spielt den Mann ohne Namen, ein Firebird sein Auto. Er trifft eines Tages in L.A. ein und findet sofort zu seinem knallroten Mietwagen. Alleine fährt er in ein billiges Motel. Alleine wählt er eine Telefonnummer. Der Anrufbeantworter meldet sich: Eine Frauenstimme, wohl aus seiner Heimat irgendwo im deutschsprachigen Europa. Verärgertes Gemurmel, dann knallt der Mann den Hörer wieder auf die Gabel. Alleine macht er sich nun auf, die Stadt zu erkunden und kauft wohl die coolste Sonnenbrille weit und breit. Auch das Shirt ist nicht ohne. L.A. ist der Ausgangspunkt dieser Reise – einer Reise zu sich. Diese führt unseren Mister X quer durch den Westen der USA. Ein mehrtägiger Halt in Las Vegas gehört genauso zu jeder 08:15-Amerikareise wie schliesslich die Besichtigung des wohl berühmtesten Tales Arizonas. Unterwegs vertraut der Unbekannte immer wieder irgendwelchen dahergelaufenen Amis sein Leben an. Ausserdem führt er ausführliche Gespräche mit dem Anrufbeantworter und wird uns dadurch immer vertrauter. Zudem erfahren wir, wem die Ansagestimme dieser Maschine gehört und warum der arme Kerl alleine durch die Wüste fahren muss – nicht gefeit vor Pannen. Schliesslich braucht auch ein Firebird ein Minimum an Zuneigung. Doch das scheint nicht die Stärke des Solo-Touristen zu sein.
Dieses Roadmovie verdanken wir Florian Froschmayer. Die gesamte Crew des Films zählte gerade einmal drei Personen. Neben Rapold und Froschmayer war Michael Auf der Maur verantwortlich für Kamera und Ton. Aufgenommen wurde das Filmmaterial mit einer DV-Kamera. Dies ermöglichte Froschmayer ein Maximum an Flexibilität. Ein Drehbuch war keines vorhanden, vorgegeben waren bloss die Eckpunkte der Reise, sowie die Handlung im grossen Ganzen. Der Rest ist Improvisation. Gedreht wurde in langen Takes – bis zu 20 Minuten. Dadurch wurde Rapold gezwungen, eins zu werden mit seiner Figur. Er musste dessen Emotionen durchleben und sollte dadurch überzeugender, echter wirken.
Ist er überzeugend? Vielleicht, wenn er von Anfang an vorhatte, den etwas unbeholfenen Touri zu spielen. Denn seine Dialoge sind nicht gerade in den Mund gelegte Weisheiten. "I come from L.A." verkündet er während einem Rast unterwegs nach Vegas. Die Frau antwortet mit einem kurzen "Really?" Dann holt Rapold zu einem literarischen Rundschlag aus: "Everything comes from L.A.!" Ja, das sind Leckerbissen, die der Mann von sich zu geben hat. Zudem erscheint es mir fragwürdig, warum man sich in jedem McDonald's nach dem Unterschied zwischen diesem und jenem Burger erkunden muss. Man erkennt daran, dass das Trio krankhaft versucht, Worte in den Film zu bringen. Die Stille und Ruhe dieser One-Man-Show erscheint ihnen beängstigend. Doch der Film besitzt seine stärksten Momente, wenn Rapold einfach ruhig ist und nach sich selbst sucht. Trotzdem denkt man gerne mit einem Lächeln zurück, wie Mister X mit der etwas beleibteren Ausgabe von Yoda auf einem Bänkchen rumphilosophiert.
Ein weiterer Schwachpunkt ist die Musik. Düst Rapold durch die Wüste, erklingen dauernd mystische, SF-artige Klänge. Man erwartet, dass sich jeden Augenblick ein Klingonenkreuzer über der Wüste enttarnt, oder dass sich E.T. auf den Beifahrersitz beamen lässt. Doch kein Raumschiff, kein Alien erscheint. Der Mann ohne Namen rast ungestört weiter durch die Wüste. War «Exklusiv» eine billige Kopie eines x-beliebigen amerikanischen Action-Thrillers, so ist L.A. X eigenständiger, ja besser. Denn was immerhin sehr gut rüberkommt im Film, das ist das Gefühl der Einsamkeit. Zudem verschwindet dieses vermutlich genau dann, wenn dies so geplant war. Und eigentlich wäre die Rolle des Mister X so angelegt, dass man in ihm leicht eine Identifikationsfigur finden könnte. Doch sicher nicht, solange er diese saudoofe Sonnenbrille an hat und solchen Mist von sich gibt!
Dein Film-Rating
Kommentare
Also ich finde LAX nicht so schlecht. Nach Exklusiv war es ja sicher ein weiser Entscheid, ganz auf das Drehbuch zu verzichten. Andererseits ist es nicht sonderlich durchdacht, dass der Film in LA spielen muss. Den hätte man gerade so gut irgendwo sonst drehen können... wenn ein Schweizer schon sein Glück in LA sucht, soll er wenigstens ein paar begabte Schauspieler vor Ort nehmen, die ohne Akzent auch ganze Sätze von sich geben können. Zudem finde ich den Film so betont cool, dass er schon wieder uncool ist. Aber ein Versuch wars wert!… Mehr anzeigen
Ich fand den Film zeitweise etwas langweilig. Soll nicht heissen, dass er nicht gut war, aber eben zeitweise langweilig. Aber es ist ja auch kein Film für die "Masse", sondern eher für die "Freunde des experimentellen Filmes"... In diesem Sinne: "Genügend"
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