Filmkritik
Prinzessin auf der Kichererbse
Aus heiterem Himmel erfährt die Highschoolschülerin Mia (Anne Hathaway), dass sie eine Prinzessin ist. Samt Krönchen, Hofstaat und Medienrummel. Einfach märchenhaft? Die Disney-Produktion "The Princess Diaries" von Komödienspezialist Garry Marshall ("Pretty Woman") ist einfach nur sagenhaft schlecht.
Es gibt Filme, die kennt man, obwohl man sie noch gar nicht gesehen hat. Da sitzt man im Dunkeln, weiss jede Pointe im Voraus, kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt mit untrüglicher Sicherheit sagen, welche Wendung die Story nehmen wird. Das Gute daran: Man hält sich jeweils rechtzeitig die Ohren zu, bevor der nächste kollektive Lacher durch den Kinosaal branden kann. So ein Film ist "The Princess Diaries" von Garry Marshall.
Marshall gilt in Hollywood als Schwerstarbeiter im Fach romantische Komödien. Und dies nicht erst seit "Pretty Woman", als Julia Roberts, mit einem Lächeln so breit wie der Hollywood Drive, zu ihrem beispiellosen Siegeszug in Tinseltown ansetzte. Aufgrund des Riesenerfolgs von "Pretty Woman" war es nur logisch, dass Marshall einige Jahre später zum Wiederholungstäter wurde: Die Quasifortsetzung "Runaway Bride" konnte zwar nicht an den Erfolg von "Pretty Woman" anknüpfen, liess die Kassen aber erneut kräftig klingeln.
In "The Princess Diaries" schickt sich nun Nachwuchsdarstellerin Anne Hathaway an, das Publikum zu erobern - sozusagen als jüngere Version der Roberts, mit einem Lächeln so lang wie die Golden Gate Bridge. Hathaway spielt die fünfzehnjährige Mia Thermopolis, deren Leben als Teenager in San Francisco ziemlich aus den Fugen gerät, als ihr offenbart wird, dass sie eine richtige Prinzessin ist. Da Adel bekanntlich verpflichtet, soll Mia schon bald in die Fussstapfen ihrer Grossmutter Clarisse Renaldi (Julie Andrews) treten, der Regentin des Fürstentums Genovia. Man ahnt es: Bis Mia und Renaldi das Heu auf der selben Bühne haben, sind noch so einige Problemchen zu bewältigen. Erst einmal muss Mias Erscheinung aufgeputzt, höfische Manieren beigebracht, ein Crashkurs in Sachen Paparazzibewältigung absolviert werden. Mehr noch: Mia muss ihren Kumpels klar machen, dass sie auch als Prinzessin ganz die Alte geblieben ist...
Klebrige Kost
Ein weihnachtlicher Kinoschmaus für die ganze Familie? Was uns Garry Mashall als pubertierende Variante von "Cinderella" auftischt, ist ein klebriges Gemisch aus Disneyschem Hochglanzmoralin, Highschoolüberlebenskampf und Hippiebürgertum made in San Francisco. Da trifft die hochnäsige Thronrivalin auf die einfühlsame Künstlermutter, drückt der unterbelichtete Footballschönling dem liebenswürdigen "Nerd" die Klinke in die Hand.
Wer sich auf ein Wiedersehen mit Julie Andrews gefreut hat, wird enttäuscht. Die in die Jahre gekommene "Mary Poppins" schauspielert wie eine Wachsfigur ihrer selbst in dreifacher Ausführung: Mal liebevoll, mal nachsichtig oder mal adlig-versnobt. Mit von der banalen Partie ist auch Hector Elizondo, der schon als gutmütiger Hotelmanager in "Pretty Woman" Julia Roberts Tischmanieren beibrachte, und in "The Princess Diaries" eine nicht minder gutmenschelnde Rolle bekleidet.
Ad absurdum
Je länger sich "The Princess Diaries" hinzieht, desto sehnlicher keimt der Wunsch, das Dumpfbackenspektakel möge kurzerhand ein absurdes Ende nehmen. Beispielsweise mit einem Cameo von Sissy Spacek: Als wieder auferstandene "Carrie" (gemeint ist der Horrorklassiker von Brian de Palma) könnte sie dem erbämlichen Treiben in "The Princess Diaries" ein Ende mit Schrecken bereiten. Wie damals, als sie in übersinnlicher Rage ihren Highschoolkollegen das Abschlussfest vermiest hatte. Jawohl. Das wäre dann ein Film, den man garantiert noch nicht gesehen hat.
Dein Film-Rating
Kommentare
Ganz OK. Recht schnittig und schnell ist er gedreht worden, und man hat immer das Gefühl gehabt, da ist was los. Für jeden sehr zu empfehlen.
84 von 100
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