The Time Machine USA 2001 – 96min.

Filmkritik

Ein Wells macht noch keinen Klassiker

Björn Schäffner
Filmkritik: Björn Schäffner

In der durchgestylten Neuverfilmung von "The Time Machine" schickt das Hollywoodstudio Dreamworks ein Fin de Siècle-Vehikel in eine weit entfernte Zukunft. Mit von der Partie sind Guy Pearce, Jeremy Irons und Samantha Mumba.

Die Ähnlichkeit mit dem verstorbenen Science-Fiction-Autoren ist durchaus beabsichtigt: Simon Wells heisst der Regisseur, der uns eine Neuverfilmung des H.G. Wells-Klassikers "The Time Machine" beschert. Wells wie Wells. Ein PR-Gag made in Hollywood? Fest steht, dass sich der Mann auf mehr als nur eine Namensverwandtschaft berufen kann. Der berühmte H.G. Wells ist nämlich sein Urgrossvater.

Zum Erfolg verdammt?

Wells, ein Spielberg-Zögling, der sich seine Sporen in Animationsfilmen wie "Who framed Roger Rabbit?" abverdient hat und zuletzt bei "Prince of Egypt" Regie führte, hat sich die Latte hoch gesetzt. Nicht allein wegen der vermeintlich zum Erfolg verpflichtenden Blutsbande, sondern auch wegen George Pals Verfilmung aus dem Jahre 1960, die seinerzeit bei 95 Prozent der männlichen Kinogänger unter zwanzig Jahren eingeschlagen ist wie eine Bombe und bei dieser Generation heute Kultstatus geniesst. Wells Film beruft sich wohl nicht zuletzt aus marktstrategischen Gründen auf beide Vorbilder; freilich ohne den Anspruch, eine originalgetreue Verfilmung der literarischen Vorlage oder ein serviles Remake des George-Pal-Streifens abzuliefern.

Am Anfang war das Staunen: H.G. Welles und George Pal führten uns ans Mirakel des Zeitreisens heran, indem sie ein Modell einer Zeitmaschine im Nichts des Raum verschwinden lassen. Drehbuchautor John Logans Version ("Gladiator") will von einer solchen Ouvertüre in der Neuverfilmung nichts wissen. Die ersten dreissig Minuten werden darauf verwendet, die Story zu emotionalisieren: Emma (Sienna Guillory), die Fast-Braut des Helden Alexander Hartdegen (Guy Pearce) kommt im New York des Fin de Siècle unter tragischen Umständen ums Leben, worauf sich der Professor einige Jahre in seinem Labor verkriecht, um eine Zeitmaschine zu erfinden, kraft derer das Unglück rückgängig gemacht werden soll. Hartdegen muss jedoch einsehen, dass sein Eingreifen in die Vergangenheit die verlorene Geliebte nicht wieder lebendig machen kann. Darauf begibt er sich in die Zukunft, um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, ob sich des Schicksals nicht doch irgendwie habhaft werden lässt. 800'000 Jahre später findet sich der Zeitreisende schliesslich in einer Welt wieder, in der sich die Menschheit in die friedliebenden Eloi und die widerlichen Morlocks gespalten hat.

Aus tausend und einem Trick

Das Reisen in der vierten Dimension, das in Wells Buch und Pals Verfilmung mit einem Mal so wundersam real wird, beschränkt sich in der Neuverfilmung vorab auf eine Abwicklung optischer Oberflächenreize. Und siehe da: Die Trickschmiede von Dreamworks hat hervorragende Arbeit geleistet. So brillant die Visual Effects gestaltet wurden, so schmuck erstrahlt die Zeitmaschine als schnittiges Gefährt aus Bronze und Glas. Auch die Masken der Morlocks und ihres maliziösen Obermotzes Jeremy Irons sind zweifellos auf der Höhe der Makeup-Kunst in Hollywood. Ebenfalls gelungen ist der holographische Bibliothekar Tron (Orlando Jones), der ein entfernter Verwandter von Jude Laws Gigolo Joe aus "Steven Spielbergs "Artifical Intelligence" sein könnte.

Guy Pearce, als streberischer Polizist in Curtis Hansons "L.A. Confidential" noch in bester Erinnerung, macht als Zeitreisender einen etwas unglaubwürdigen Wandel vom scheuen Professor zum Fäuste schwingenden Actionhero durch. Nervig sind die Erfinderklischees, mit denen Drehbuchschreiber Logan diese Figur ausgestattet hat: so ist der Mann natürlich professoral zerstreut, nebenbei der Vater der elektronischen Zahnbürste und auch noch ein Brieffreund eines gewissen Albert Einstein. Vom Typus Ethnokitsch wiederum sind die Klänge, die uns Komponist Klaus Badelt zumutet, um die Reinkarnation von Hartdegens Liebe Emma in der Eloi Mara (hübsch: die Popsängerin Samatha Mumba) musikalisch zu untermalen.

Man muss kein unverbesserlicher Nostalgiker sein, um zur Überzeugung zu gelangen, dass Simon Wells Neuverfilmung ein tricktechnisches Blendwerk ist, das den Charme des vor über 40 Jahren gedrehten "Originals" vermissen lässt, vom Buch ganz zu schweigen. Zu sehen gibt es eine Rakete, wie sie hierzulande etwa am 1. August gezündet wird. Solche Raketen steigen jeweils mit einem lauten Sirren in die Höhe, um einen Funkenregen über den staunenden Anwesenden zu entladen, bevor sie ganz schnell verpuffen.

25.01.2021

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

ai ai habe ich mehr erwartet... das war richtig kitschig


m3ph1st0

vor 17 Jahren

Die Story allein bringt zu wenig, da hätte man viel mehr draus machen können. Die Musik hingegen sticht brillant hervor und sie war im Nachhinein auch das Einzige, was mir von diesem Film geblieben ist.


lordx

vor 21 Jahren

nicht realistisch, doch gute Ansätze


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