Filmkritik
Auf der Suche nach dem Grossen Unbekannten
Halbwahrheiten und Gerüchte ranken sich um die Person des amerikanischen Schriftstellers Thomas Pynchon, seit dieser 1963 plötzlich untergetaucht ist. Die Schweizer Dokumentarfilmer Donatello und Fosco Dubini wagen ein Portrait über die lebende Legende.
Nachdem Thomas Pynchon mit seinem ersten Roman "V" enorm viel Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit bekommen hatte, verabschiedete er sich unangekündigt von der Bildfläche. Er, der in seiner schriftstellerischen Tätigkeit brandheisse Tatsachen aus der Wissenschaft mit politischen Verschwörungstheorien und urbanen Legenden (Krokodile in der Kanalisation von Manhattan) zu vermischen pflegt, wurde seinerseits zum Mysterium zwischen Fakten und Fiktion.
Die Gebrüder Dubini nähert sich seiner Person auf jene Weise, wie traditionell nicht mehr unter uns Weilende portraitiert werden: Auf ihrer Spurensuche treffen sie auf seine Ex-Freundin, verschiedene Zeitzeugen, Literaturkritiker und Fans, die über ihre Jagd nach dem Idol berichten. Die verschiedenen Zeugnisse sind um historische Filmausschnitte, an Drogenrausch erinnernde Sequenzen und Aufnahmen einiger Lebensstationen drapiert. - Und um es gleich vorwegzunehmen: Eigentlich sind die darin enthaltenen Informationen wenig instruktiv. Doch gerade dadurch wird für den Zuschauer am Exempel nachvollziehbar, was vielleicht eine der Kernaussagen dieser Dokumentation sein mag: Das Bild eines Menschen setzt sich im Kopf zusammen.
Trotzdem entsteht der Eindruck, dass die Dokumentation das Stadium einer eilig geschusterten Rohfassung nie hinter sich gelassen hat. Wie in einem reisserischen Fernsehbericht werden bedeutungsschwangere Anspielungen auf visueller und sprachlicher Ebene stehen gelassen. Die Kapiteleinteilung bringt unzureichend Struktur; Die dramaturgische Komposition ist zu wenig spannungsbedacht. Und auch die Geistesverwandtschaft mit der seit vergleichbar langer Zeit in der Anonymität lebenden Kultband "The Residents", die die Musik zum Film lieferte, bleibt eine beiläufig-oberflächliche Bemerkung und wird nicht weiter ergründet.
Zur Lektüre von Pynchons Publikationen animiert der Film allemal - die magische Anziehungskraft seiner Bücher steigert sich mit zunehmender Visionierungs-Dauer. Als Portrait ist "Thomas Pynchon - A Journey Into The Mind Of P." allerdings unbefriedigend, denn die Reise führt keineswegs zum versprochenen Ziel. Viel eher ist das Werk als essayistischer Filmausflug zum Begriff "Mythos" interpretierbar.
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