Filmkritik
Wenn der Vater mit dem Sohne
In "Kids" hatte Larry Clark Mitte der 90er Teenager selbstzerstörerisch mit Sex und Drogen experimentieren lassen - und sich einen zweifelhaften Ruf als "Grüsel" eingehandelt. Da er mit seinem neusten Film "Ken Park" ebenso vor den Kopf stösst, dabei aber weniger zu sagen hat, wird sich daran wohl auch nicht so schnell was ändern.
Für weite Kreise ist der amerikanische Fotograf und Independent-Filmer Larry Clark schlicht ein "Dirty Old Man". Erarbeitet hat er sich diesen Ruf bereits 1995 mit seinem Debütfilm "Kids", und man kann nicht behaupten, dass Clark seine Zeitgenossen seither vom Gegenteil zu überzeugen versucht hat. "Kids" brachte das Blut der Sittenwächter mit seiner krassen Ausdrucksweise in Wort und Bild, vor allem aber auch wegen der Nacktszenen der jungen Darsteller zum Kochen und handelte von Teenagern in New York, die hochriskante Gehversuche in Sex und Drogen unternehmen.
Noch vor "Kids" hatte Clark "Ken Park" konzipiert. Hier sind die Jugendlichen noch nicht von den Eltern ignoriert und sich selber überlassen, sondern befinden sich noch in deren Obhut - mit genauso unerfreulichen Folgen.
Der Film beginnt mit der titelstiftenden Figur, die sich gleich zu Beginn des Filmes in einem Skate-Park das Gehirn wegschiesst und danach allenfalls noch eine symbolische Rolle spielt. Der Plot folgt drei Jungs und einem Mädchen, die alle ihre eigene Version einer Teenagerhölle durchlaufen. Shawn (James Bullard) wird von der Mutter seiner Freundin als Sexspielzeug missbraucht. Tate (James Ransone) ärgert sich bei seinen Grosseltern bis zur brachialsten Gewalttätigkeit. Claude (Stephen Jasso) wird von einem Neandertaler von Vater erst verbal, letztlich aber auch sexuell misshandelt. Und Peaches' (Tiffany Limos) bibelfürchtiger Vater zwingt das Mädchen in die Rolle der früh verstorbenen Mutter.
Seine Premiere feierte der Film bereits im August 2002 an einem amerikanischen Filmfestival, er erreicht nun mit erheblicher Verspätung hiesige Kinos. In den USA war "Ken Park" kein "richtiger" Kinostart beschieden, und dass er in der Schweiz anläuft, vermag eigentlich auch zu erstaunen.
Zwar ist Clarks Fähigkeit ungebrochen, beklemmende Momente zu erzeugen. Allzu leicht enttarnt er seinen Film jedoch höchstselbst als Blendwerk, indem er Derbheit an Derbheit reiht und mit seiner Linse überall ganz nah dran ist: beim masturbierenden Knaben, bei der Fellatio zwischen Vater und Sohn et cetera. Und wenn Clark uns dann gar noch die gepflegte Orgie unter Teenagern als rettenden Hafen unterjubeln will, nimmt man den Filmer nochmals ein Stücklein weniger ernst.
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